Das neue Ende der Banane

Sicher von A nach B zu kommen, ist für Autofahrende und Stadtverwaltungen eine Selbstverständlichkeit, handelt es sich doch um den „richtigen“ Verkehr. Radverkehr spielt schon immer in Deutschland nur eine geringe oder keine Rolle, deshalb muss für diesen auch keine Infrastruktur gebaut werden. Oft darf man sich als Radler*in anhören: „jetzt wurde doch dieses und jenes vor 10 Jahren gemacht, das reicht doch.“ NEIN, EBEN NICHT! Radverkehr muss kontinuierlich gefördert werden, der Umbau und Ausbau für den Radverkehr ist eine ständige Aufgabe. Der Klimawandel macht ein Umdenken bei der Mobilität nötig. Nur wer sich sicher fühlen kann, fährt auch Rad – oder muss viel Mut auf deutschen Straßen haben – leider. Politisch ist es nicht anders gewollt, die Verkehrstoten werden fast klanglos hingenommen.

Es gibt tatsächlich wenige sichere Wege für Radfahrende in Dortmund. Einer davon ist der Bananenradweg, eine ehemalige Bahntrasse vom Stahlwerk Hoesch in Hörde (Hörde war bis ins 20. Jahrhundert hinein eine eigene Stadt). Als ich noch in der Nordstadt wohnte, war ich öfter auf dieser Bahntrasse unterwegs, zuerst noch mühsam über einen Sand-/Schotterweg, was sich dann „wassergebundene Decke“ nennt. Ein Weg, womit man den Menschen das Radfahren abgewöhnen kann: bei Regen werden Rad und Fahrer*in mit Schlamm verdreckt, bei trockener Witterung ist man voll von Staub. So will niemand an seiner Arbeitsstelle ankommen! Seit Mai 2019 ist der Bananenradweg endlich komplett asphaltiert.

Inzwischen wohne ich nicht mehr in der Nordstadt, gestern und heute (24. und 25.02.24) aber war ich wieder im Bezirk Innenstadt-Ost, Grenze zur Nordstadt, unterwegs. Am Samstag, den 24. Februar 2024 hatte es immer wieder stärkere Schauer am Nachmittag gegeben, also sah man besser zu, nach Hause zu kommen. Heute am Sonntag, den 25. Februar, scheint nachmittags die Sonne. Schon vor einiger Zeit hatte ich von der Fortsetzung der „Banane“ gehört, das wollte ich mir doch jetzt mal ansehen! Zeit hatte ich und das Wetter passte auch. Und tatsächlich: wo erst verwilderte Botanik und ein Brachfeld gewesen war, gibt es nun einen aspahltierten Weg in Richtung Norden.

Ankündigungstafel der Stadt Dortmund zum Bau des Bananenradwegs – Fortsetzung.

Die Wegweisung ist aber noch die alte, was für Ortsunkundige verwirrend und schlichtweg falsch ist.

Als ich den Weg entlang fuhr, wußte ich noch nicht, WO dieser enden würde…. ein Gebäude mit dem Logo der Stadtwerke in der Ferne wirkte fremd, kannte ich das wirklich nicht? An der Rückseite von Häusern mit Gärten vorbei, am vergitterten Amtsgerichts-Gelände… dann Serpentinen als Abfahrt vom Bananenradweg, noch unvollständig. Am aktuellen Wegesrand wird auch noch gebaut. Ein separater Fußweg dazu bitte! Denn der Weg jetzt ist zu schmal für Fußgänger*innen und Radfahrer*innen.

Und dann landete ich in der Güntherstraße, ca. 100 Meter von der Weißenburger Straße entfernt. Dafür waren also die Bauarbeiten an dieser Stelle der Güntherstraße gewesen, inklusive der Absperrung! Es macht Spaß, auf diesem Weg zu fahren. Komplett fertig ist das Ende der Banane noch nicht.

Stolperfalle, vor allem im Dunkeln (wenn die Straßenlampen nicht alles ausleuchten sollten): am Eingang zum Serpentinenweg, hinab zur Güntherstraße fehlen die Pflastersteine.
Die Abfahrt vom Bananenradweg zur Güntherstraße über Serpentinen: noch im Bau. (Stand Februar 2024).

Hach, das im Hintergrund war das Heizkraftwerk der Stadtwerke! Natürlich kannte ich das. Vor einigen Jahren bin ich dort regelmäßig vorbei geradelt.

Allerdings: wer in Richtung Südstadt will, für die oder den ist die Fortsetzung der Banane ein Umweg. Man muss die Weißenburger Straße wieder ein Stück zurück fahren, um dann wieder auf den Radwall am Ostwall und damit weiter Richtung Südstadt/Saarlandstraßenviertel zu kommen. Deshalb wäre nach dem Amtsgericht eine Abzweigung sinnvoll gewesen. So schön jetzt der Bananenradweg und die Teilstücke des Radwalls auch sind: es ist immer nur hier und da ein Stückchen für den Radverkehr, das die Stadtverwaltung als Infastruktur gestaltet. Möglichst dem Autoverkehr nichts wegnehmen, das eigene Wähler*innenklientel nicht verärgern. Ein großer Wurf, eine echte Maßnahme, um Radfahren in der Stadt Dortmund wirklich flächendeckend sicher für alle Radfahrenden – also nicht nur den ohnehin immer radelnden mittelalten weißen Mann – zu machen, sind diese Wege NICHT.

Das ist das Ende des Radwalls, dem Zweirichtungsradweges auf Höhe der Löwenstraße/Adlerturm. Wer jetzt Richtung Südstadt/Saarlandstraßenviertel fahren möchte, ist gut beraten, links in die Töllnerstraße zur S-Bahnstation Stadthaus zu fahren. Von dort aus kommt man in einem Pingpong-Spiel über mehrere Fußgängerampel-Überwege in die Sonnenstraße. Es soll ja nicht langweilig werden beim Radeln! Da kann man an der Ampel auch schon mal warten und philosophieren, was sich die Stadtverwaltung als nächstes ausdenken könnte.

So SEIEN SIE GESPANNT und lesen bald wieder ein Kapitel aus dem Roman:“Die unendliche Geschichte der Radinfrastruktur in Dortmund.“ Veröffentlicht in Ihrer Lokalpresse und diversen Blogs zum Thema Radfahren. Stay tuned!

Von Würsten und ihren Eitelkeiten

Theaterstück „Extrawurst“ von Dietmar Jacobs und Moritz Nietenjakob, Aufführung am 12.Mai 2023 im Kolpingsaal der Stadt Werne an der Lippe

Der Verein ist ein besonderer Kosmos in Deutschland. Bestimmt durch die Gesetzgebung, bietet er vor allem Selbstdarstellern und armen Würstchen die Möglichkeit, sich groß und bedeutend erscheinen zu lassen. Solche Vereinsmeier (gelegentlich auch Vereinsmeierinnen) sind überall anzutreffen, ganz gleich ob Sportverein, Gesangsverein, Tennisclub. Dabei möchte man doch eigentlich im Verein das gemeinsam tun, was Spaß macht: z. B. Tennis spielen.

Doch dieses Gemeinschaftsgefühl und die Freude am gemeinsamen Spiel hat ein Ende, wenn es um persönliche Befindlichkeiten und Überzeugungen geht. Mit dem Sport hat das nichts zu tun.

Auf der Bühne findet die Mitgliederversammlung eines Tennisclubs in einer Kleinstadt statt, hinter der Tür im Hintergrund gehen die Mitglieder hinaus ins Freie und in die Trainingshalle. Am Tisch sitzen beide Vorstände, Heribert und Matthias, die anderen drei, die einzige Frau (deren Name in keiner Beschreibung des Stücks zu finden ist), Erol und Thorsten bewegen sich im Raum. Das Publikum ist ebenso Teil des Tennisclubs und wird in alle Abstimmungen der Versammlung einbezogen.

Ein neuer Grill soll angeschafft werden. Der alte sei Schrott und man möchte doch auch in Zukunft so feiern, wie man es bisher getan hatte. Der zweite Vorsitzende Matthias hat dafür akribisch mit Diagrammen und Schaubildern, die er mit Laptop und Beamer dem Publikum präsentiert, den „Wurstbedarf“ ermittelt. Es ist wirklich zum Lachen, mit welcher Ernsthaftigkeit er diese Sache verfolgt. Ein einfaches Zitat aus der Gebrauchsanweisung wäre ausreichend gewesen – aber natürlich wesentlich weniger spaßig für ein Theaterstück.

Doch geht es wirklich darum, ob man Minderheiten eine Extrawurst einräumen soll, wie in der Ankündigung behauptet? Und um die Toleranz von Atheisten für gläubige Menschen? Nur vordergründig ist dem so. Ein Mitglied, Erol, der beste Tennisspieler des Vereins, ist muslimischen Glaubens. Jede Religion hat ihre Regeln und für Muslime darf auf dem Grill kein Schweinefleisch gebraten werden. Warum also nicht einfach zwei Vereinsgrills anschaffen? Oder eben keine Würste aus Schweinefleisch, sondern Rindfleisch essen? Aber nein, Grillen ist eine absolut deutsche Angelegenheit. Es darf nichts anders sein als vorher. Darauf besteht vor allem der zweite Vorsitzende Matthias. Er hat gar Angst, daß ihm und seiner deutschen (Leit-)kultur eine fremde Kultur aufgedrängt werden soll. Hm? Nur, weil er, weiß und biodeutsch (und angeblich mit einem Abitur-Notenschnitt von 1,7) ein Stück Toleranz für seinen Vereinskollegen zeigen soll? Was ist daran so schwer? Das ist deine Meinung, dein Problem, Matthias, das du selbst lösen musst. Denn du bist selbst für dich und deine Gefühle verantwortlich.

Erol ist außerdem der beste Tennisspieler des Clubs: zusammen mit der Ehefrau von Thorsten hat er die Kreismeisterschaften gewonnen. Und dennoch muss jemand wie er das Gefühl haben, nicht wirklich dazu zu gehören. „Du kannst Anwalt sein und bist doch immer noch der Türke!“ Eine Einschätzung, die sich anläßlich der Wahlen in der Türkei vergangenen Sonntag (14. Mai 2023) wieder bestätigt hat. Sehr traurig, wohnt doch schon die dritte Generation der, damals so genannten Gastarbeiter, hier in Deutschland.

Es ist beschämend und traurig, daß es solche Zeitgenossen und Zeitgenossinnen tatsächlich gibt. Nein, Muslime drängen hier niemanden ihre Religion auf. Das tun die Christen schon selbst (Zeugen Jehovas mit ihrer nervenden Werbung).

 Und so wird die Diskussion auf der Bühne immer hitziger. Der Betroffene, Mitglied Erol, bleibt am längsten ruhig und besonnen, bis es ihm reicht. Doch geht es wirklich um die Frage, ob ein Grill oder zwei Geräte angeschafft werden sollen? Nein. Als Matthias das geplante Modell vorstellt, stellt sich heraus: Erol hat den größeren Grill zuhause. Schwanzvergleich. „Mein Grill ist größer als deiner!“ Im Stück „Extrawurst“ geht es vor allem um männliche Egos und deren Eitelkeiten. Das hat nichts mit der Herkunft der Vorfahren, dem Aussehen oder der Religion zu tun. Dieses wichtigtuerische Rumgehampel um Schwanzvergleiche nervt – und es ist dabei völlig gleichgültig, ob die Beteiligten Matthias oder Erol heißen.

Heribert, der Vorstandsvorsitzende bügelt jeden Widerspruch ab, lässt keine Abstimmung zu, selbst als sich Widerstand dagegen regt. Das Alphamännchen will die Macht eben allein für sich behalten, auch wenn Matthias, der zweite Vorsitzende, sie gerne hätte. Unfähig sind sie beide, denn das Streben nach Macht und ihre eigene Eitelkeit verhindern, als daß sie die Sitzung in geordnete Bahnen lenken könnten. Auch wenn er, wie Thorsten, manche Dinge besser durchblickt als andere, werden rassistische Untertöne hörbar, die nur, wenn überhaupt, vordergründig witzig sind („…werde das mit Erol bei einer gemeinsamen Wasserpfeife klären“). Bei allem Witz des Stücks ist die Figur Heribert am ekelhaftigsten: seine Machtposition wird noch durch eine zu Beginn angedeutete Sexszene verstärkt. Damit klar ist, wer hier das Sagen hat. Im Verein. Und auch gegenüber Frauen (zumindest einmal im Jahr, wie der zweite Vorsitzende betont). Alle Mitglieder sind vor allem für eines vorhanden: für den Erhalt seines Prestiges. Es ist sein Tennisclub. Der Kreismeisterschaften-Sieg von Erol und Thorstens Frau ist nur ein Mittel dafür.

Und da wäre noch der Super-Ober-Checker Thorsten, der über alles Bescheid weiß und Vorträge halten muss. Ein echter Dampfplauderer. Ist er denn wirklich so tolerant, wie er anfangs zu sein scheint? Oder doch eifersüchtig, weil seine Frau (die zwar am wenigsten redet, dafür aber den Sachverhalt durchschaut und sinnvolle Vorschläge macht) aus Freude über den Sieg der Kreismeisterschaften Erol angeblich vier Minuten lang umarmt hat? Je hitziger die Diskussion auf der Bühne wird, desto mehr bröckelt die Fassade eines jeden Vereinsmitglieds.

Gisela hat übrigens wieder das ganze Buffet gestaltet. Danke, Gisela, daß dank  deiner unbezahlten Arbeit sich erneut andere den Bauch vollschlagen können und du nicht auf der Bühne sichtbar bist. Eine Tatsache, die Alltag für viele Frauen ist: sie versorgen andere, damit diese zur Arbeit, zum Kindergarten, zur Schule etc. kommen können und bleiben dabei Ungesehen und NICHT ENTLOHNT. Ganz gleichgültig, welche Hautfarbe, welche Herkunft sie oder ihre Vorfahren haben, diese Ungerechtigkeit betrifft alle Frauen. „Extrawurst“ zeigt bei allem Witz deshalb auch auf, daß Rassismus, Care-Gap, Egoismus, Sexismus und Arroganz in unserer Gesellschaft längst nicht überwunden sind. Deshalb lässt dieser Theaterabend die Besucher*innen nicht nur erheitert, sondern nachdenklich zurück.

Parkende Fahrräder neben dem EIngang zum Kolpingsaal in Werne an der Lippe

Das Geheimnis von Lastenrädern in Dortmund

Waldbrände in Nordfrankreich, zu heiße Sommer und zu wenig Regen in Mitteleuropa, 15 °C im November in Deutschland… spätestens JETZT sollte allen Politiker*innen klar sein, daß es einen radikalen Wandel braucht – auch in Sachen Mobilität.

Schaut man aber auf die Straßen in Dortmund, ergibt sich das selbe Bild wie immer. Autos, Autos Autos auf den Straßen. Man sei auf das Auto angewiesen. Aber ja, jede*r kommt aus irgendeinem Dorf ADW nach Dortmund zur Arbeit gefahren, oft mit Dortmunder Kennzeichen. Wer Rad fährt, ist immer noch ein*e Exot*in, Spinner*in oder wird als Sportler*in abgetan (je nach Wochentag und Kleidung, die man gerade zufällig trägt). Die Stadt Dortmund könnte und MÜSSTE durch Änderung ihrer Verkehrsinfrastruktur das Leben der Radfahrenden verbessern, überhaupt einmal für gute und sichere Wege sorgen.

Und Anreize für eine Mobilität jenseits des Autos sorgen. Denn niemand muss JEDEN TAG eine Waschmaschine kaufen oder die fußkranke Verwandte zur Ärztin bringen, was den Gebrauch eines Autos rechtfertigen würde. Oft reicht schon ein Lastenrad für das, was man einkaufne oder erledigen will.

Die Anstrengungen der Stadt Dortmund geschehen immer nur so halb und dazu noch zeitverzögert. Andere Städte sind in Sachen Verkehrswende schon viel weiter, haben sich vor Jahren oer Jahrzehnten schon auf den Weg gemacht, den Autoverkehr, der ein Haupttreiber in Sachen Klimawandel ist, einzudämmen. Ganz so, als ob man dieser neuen Entwicklung in anderen Städten (Autoverkehr raus aus der Friedrichstraße in Berlin und Parkbänke hin, Vorrang für Radfahrende und Fußgänger entlang der Seine in Paris, Streichung von Parkplätzen) nicht so recht trauen würde. Und eine Gleichgültigkeit bis hin zur Verachtung, weil man auf diese ganzen verrückten Ökofuzzis mit ihren Fahrrädern ohnehin keinen Bock hat. Hach, was mache ich denn bei Schnee, Kälte, Regen?? Da kann man doch nicht Rad fahren! Jo, wenn wir unsere Mobilität nicht ändern, dann könnte es mit den häufiger auftretenden Stürmen klappen. doch wollen wir das? Woher kommt diese fast schon krankhafte Abhängigkeit, dieses Nicht-Begreifen-Wollen daß das Auto für den MIV keine Zukunft haben kann??

Bis zum 30. Juni 2022 gab es wieder so eien halbe Fache für den Radverkehr: ein Projekt der Stadt Dortmund: Es gab von nextbike – TINK Lastenräder zum Ausleihen, mit und ohne E-Motor. Endlich! freute ich mich, lieh immer wieder schön fleißig aus, um zu zeigen: Hallo Verwaltung, hier ist Bedarf! Wir BRAUCHEN LASTENRÄDER ZUM AUSLEIHEN IN DORTMUND! Ich freute mich immer, wenn ich andere Leute auch mit den blauen TINK-Rädern, deren Ladefläche an eine Badewanne erinnerte, herumfahren sah. Mit E-Bike muss man sich auch nicht so plagen, v.a. wenn man die häßliche Brinkhoffstraße hoch Richtung Innenstadt fahren muss.

Bei der Eröffnung am 1. März2022 am Sonnenplatz hatten die Teilnehmer*innen viel Spaß dabei, die Lastenräder von TINK auszuprobieren.

Doch die Ausleihstationen in Dortmund West, dem Kreuzviertel und am Rande des Saarlandstraßenviertels waren nur ein Projekt, sprich: am 30. Jumi 2022 war Schluß. Zu meiner Verwunderung und Ärger waren die Stationen, die auch noch praktische Sitzbänke aus Holzplanken dabei hatten, schon ein paar Tage vor dem 30. Juni abgebaut worden. Ganz so, als ob man etwas, was der Stadt nicht ganz geheuer ist oder was ihr leicht peinlich in der Autostadt Dortmund erschien, schnell wieder beendeen wolle: Nicht sollte mehr an die Existenz dieser klobigen, großen Räder erinnern, die eine mögliche Bedrohung für die heiligen Auto-Parkplätze darstellten Zum Schluß vermehren die sich noch… und ehrlich, wer will schon eine stadt voller Fahrräder? Eine Horrorvorstellung!

Die Begründung, daß die 24-Stunden-Ausleihe von TINK-nextbike (nextbike ist auch der Betreiber der Ausleihstationen für die normalen Stadträder) nur ein Projekt ist und deshalb nur wenige Monate Bestand hat, war: Man müsse zuerst „evaluieren.“ Seltsam, daß Dinge „evaluiert“ also erst auf ihre Sinnhaftigkeit und Nutzen geprüft werden müssen, die in anderen, vergleichbar großen Städten längst funktionieren! Hat die Stadt Dortmund auch schon evaluiert, warum jede*r Depp immer mit dem eigenen Auto in die Innenstadt fahren und Lebensraum für andere Menschen zu Fuß und mit dem Rad wegnehmen muss? Und durch alternative Mobilitätsangebote einen Anreiz schafft, damit wirklich und endlich nicht die Zufahrtsstraßen v.a. am Samstag voll mit stinkenden Autos sind!

So hatte ich ab Juli wieder den üblichen Streß mit der Lastenrad-Ausleihe. Das Nordstadt-Lastenrad, kurz NOLA, kann nur so lange ausgeliehen werden, wie der Laden/Firma die es im Auftrag der Stadtverwaltung verleiht, geöffnet hat. Spätestens 18 Uhr. Das einzige Rad, das nicht an Ladenöffnungszeiten gebunden ist, ist aber auch kaum zu bekommen, weil der Verleiher so gut wie nie erreichbar ist.Ist als Provatperson eben auch zusätzlicher Aufwand, wenn man auch noch die Ausleihe von Rädern managen soll. Ärgerlich ist diese Nicht-Erreichbarkeit trotzdem. diese beschränkten Zeiten bedeuten unnötigen zusätzlcihen Streß, weil: TINK darf es ja nicht mehr geben. Das ärgerte mich.

Die nächsten E-Lastenräder verleiht der ADFC Unna an verschiedenen Standorten, der nächste ab Dortmund liegt in Schwerte. auch toll, immer erst 15 Kilometer hin fahren zu müssen. Das kostet Zeit und Kraft, die ich nicht immer habe, erst recht, weil der süden Dortmunds recht hügelig ist. Im November nun hatte ich mir die Arbeit und Mühe gemacht und war nun mit einem E-Lastenrad des ADFC Unna in Dortmund unterwegs. Praktisch, daß in der Nähe des Waschsalons ein tolles Café mit leckeren Torten ist. Ich mache noch Witze und sage zur Konditorin:“Sehen Sie, ich habe heute das Lastenrad dabei, ich könnte eine ganze Torte transportieren!“ Sie antwortet, daß Ihr Mann irgendwo da eine Ausleihstation gesehen hätte. Ich wurde hellhörig. „WO?“ fragte ich. „In der Klönnestraße.“ Sie nannte mir noch den ungefähren Standort. Später würde ich mal hin schauen, eder genannte Ort ist nicht weit weg vom Café.

Und tatsächlich, Vor den Wohnhäusern der Dortmunder Wohnungsgesellschaft DOGEWO21 in der Klönnestrßae 11 stehen sie. Wenn die Stadtverwaltung zaudert und nichts tut, so tun es Wohnungsgesellschaften. In Bochum gibt es bereits eine Kooperation mit genau diesem Verleiher. Aber sigo? War das nicht der, über dessen schwachen Motor ich mich im Novmeber 2021 so geärgert hatte?

Und plötzlich gibt es doch wieder Lastenräder zum Ausleihen – ohne Streß wegen fester Rückgabezeiten. Wunder, oh Wunder…

Es ist die die selbe Firma, stimmt. Fast hätte ich die App auf dem scharrmphone schon gelöscht. also gut, die Neugierde siegte, ich probierte ein Rad aus – und war positiv überrascht. Der Motor sprang sofort an, wenn man in die Pedale getreten hatte.Das Fahren machte richtig Spaß! 😀

Eine große Erleichterung, daß es nun endlich wieder Lastenräder für die 24-Stunden-Ausleihe gibt! Noch dazu im Innenstadt-Bereich, so dass man nicht mehr die 7 Kilometer bis zur TU fahren muss (dort gab es im November die ersten sigo-Lastenräder). Aber WARUM, WARUM ERFAHRE ICH DAVON NUR DURCH HÖRENSGEN??

Was soll der Nonsens? Wird sich absichtlich mit Werbung zurückgehalten, damit ja niemand die Dinger ausleiht, damit mn irgendwann wieder sagen kann: da schaut her, diese komischen Lastenräder will ohnehin niemand, also ihr seht, die Leute wollen Auto fahren. NEIN! die Leute wollen nicht unbedingt immer Auto fahren, es fehlten ihnen die Anreize, die Ideen, die Angebote für Alternativen!

Als ich bei der Firma Dogewo21 nachfragte, hieß es, daß die Lastenräder schon verspätet angekommen wären, Ende Oktober wären sie endlich da gewesen. Man werde noch eine Pressemitteilung herausgeben. diese Information bekam ich per Mail Anfang November. Jetzt haben wir bald Mitte Dezember und es ist IMMER NOCH NICHTS auf http://www.dogewo21.de zu lesen. Nun, wenigstens habe ich schon einmal auch andere Leute mit einem sigo-Lastenrad und Dogewo-Werbung fahren gesehen. die Kinder, die auf der Sitzbank auf der Ladefläche saßen, schienen ihren Spaß zu haben.

Eigentlich ist es nicht meine Aufgabe, die Versäumnisse einer Firmen-Pressestelle aufzuarbeiten. Aber weil ich selbst gern Lastenrad fahre und auch selbst immer wieder eins brauche, schreibe ich darüber. Lastenräder sind ein wichtiger Teil der Verkehrswende, eine dringende Notwendigkeit im Kampf gegen den Klimawandel.Im übrigen habe – nicht nur ich – keine Angst vor vielen Lastenrädern auf einmal. Angst machen mir rücksichtslose Autofahrende, die mit mehr als 30 km/h oder 50 km/h durch die Schützenstraße oder auf dem Wall (= Innenstadtring) rasen. Vielleicht sollte man die CDU-Stadtratsfraktion doch mal mit Lastenrädern auf einem ihrer Pressetermine überraschen und sie einladen, doch mal mitzufahren – oder sich im Lastenrad transportieren zu lassen. Spoiler: es macht Spaß und es stinkt NICHT! Und in der Stadt ist man schneller als mit dem Auto! Parkkosten gespart, gut angekommen. Wobei letzteres erst dann garantiert ist wenn – die Infrastruktur endlich fahrradfreundlich wird. Überall und flächendeckend in der Stadt.

Die Ausleihe von den sigo-Lastenrädern geschieht über die Bedienung mit der App. Anders als bei nextbike wird geparkt, indem man das Schloss verschließt. Mit der App kann es wieder geöffnet werden.

Bedauerlich allerdings, dass es praktisch keine Zufahrt zur Ausleihstation gibt. Warum? Es kann doch nicht die Lösung sein, solch ein breites Rad auf dem Gehweg, der auch zu schmal ist (weil die heiligen Parkplätze nie, niemals wegfallen dürfen), von und zur Station zu bewegen! Fastg übersieht man die Station, weil man nur Blech sieht, das davor steht.

Zum Ausleihen scannt man entweder den QR-Code am Rad oder klickt auf das Rad mit der angegebenen Nummer in der App, um es auszuleihen. Daraufhin gibt es ein sirrendes Geräusch an der Station, man wird aufgefordert, das Rad aus der Station zu schieben. Dann kann die Fahrt losgehen!

Bei der Rückgabe schiebt man das Rad wieder in die Station. Während der Standzeit wird der Akkumulator aufgeladen.

Der QR-Code und die Nummer des Lastenrades befindet sich auf der Gabel des Vorderrades.

Kleiner Nachteil: Räder, die zh. B. in der Klönnestraße ausgeliehen wurden, müssen auch dort wieder zurück gegeben werden.

Von Vorteil ist auch die abziehbare, aber immer feste Plane. Sie schützt nicht nur vor Regen, sondern auch vor unerwünschten Blicken auf die eigene Ladung. Dank grüner Halterung kann man sie gut ab- und auf die Ladefläche überziehen.

Die Preise sind auch moderat, da kann man nichts sagen – denn die Motoren funktionieren nun.2,50 € kostet die Nutzung in der ersten halben Stunde, danach 1,00 € für jede weitere angefangene halbe Stunde.Für 24 Stunden zahlt man den Tagespreis von 19.50 €. Einzig allein der Sattel von Nr. 1050 hatte mich letztens genervt, weil er locker war und die Spitze leicht nach oben stand. Sehr unangenehm beim Fahren!

Die Geheimnisse von Dortmunder Lastenrädern, ihr gehimnisvolles Auftauchen wurde nun doch bemerkt und sie entdeckt – dank des spontanen Tortenkaufs und einer kundigen Konditorin, die sonst nicht viel mit Lastenrädern am Hut hat. vielleicht ist das auch das neue Marketing-Konzept der Dortmunder Wohnungsgesellschaft DOGEWO 21: Das Geheimnis Ihrer neuen Wohnung: suchen und finden Sie diese anhand weniger Hinweise! Da wird die Wohnungssuche auf dem ohnehin angespannten Dortmunder Wohnungsmarkt noch spannender. Die eigene Wohnungssuche, really thrilling yourself, wie ein Mystery-Computer-Spiel oder ein Kriimi: wer hätte das gedacht, daß öde suchereien nach eine rneuen Bleibe so actionreich sein können?

Auf www.sigo.green findet man weitere Infos zu den Lastenrädern, die in Kooperation mit der DOGEWO21 in Dortmund verliehen werden. Also: App laden, registrieren, ausleihen und rauf auf die Räder! Dmait endlich weniger Autos in Dortmund unterwegs sind, es weniger Lärm und Dreck und damit ein gesünderes Leben gibt.

Am Anfang (fast nur) Stille (and the rest is noise – probably)

Die Konzertankündigung zum 3.Philharmonischen Konzert der Dortmunder Philharmoniker*innen wirkte spannend. Nicht die x-te Aufführung von Beethovens Violinkonzert, auch nicht irgendein Klavierkonzert von Chopin oder Mozart-Sinfonien, nein: ein Schlagzeugkonzert (Tan Dun: The Tears of Nature) war angekündigt.

Schlagzeug-KONZERT gleich? Ernsthaft? Was will der ode rdie denn mit ihrer Pauke ausrichten? Kommen doch ohnehin keine Töne raus, auch wenn die Perkussionist*innen immer behaupten, eine Pauke könne man stimmen wie ein Streichinstrument. Doch Schluß jetzt mit den Vorurteilen.

Kein salbungsvolles wichtiges Platz-Nehmen am Flügel, kein konzentriertes In-Positions-Bringen einer Geige am Körper. Stattdessen: fast komplette Stille. Die Orchesterbegleitung: Collegno, also „Bogenstrich“ mit dem Holz. Kein Klang, nur Geräusch. Ähnlich tropfendem Wasser. Stattdessen steht der Solist einfach da und hält offenbar irgendwas in seinen Händen.

Schlagzeug? Schon bei Beginn hätten sich alle Vorurteile meines Bekannten bestätigt. Schlagzeug, das ist nur Krach, bumm, patsch, Peng, kling, kratz. Auch in der sogenantnen „ernsten“ Musik Der Solist steht nur da und macht irgendwas mit seinen Händen. Ein Geräusch. Aber womit? Es sind nur ein paar Steine, die Alexej Gerassimez in den Händen hält und gegeneinander reibt, um sich dann, wie in einer eigenwilligen Choreografie durch das Orchester zu den Pauken zu bewegen. Wie langweilig, möchte man denken. Das machen doch Kinder auch! Doch es wirkt eben nicht langweilig.

Stille im Konzertsaal, kein Mucks vom Publikum, niemand verläst den Saal.Spannung. Welches Instrument nimmt Alexej Gerassimez als nächstes in die Hand, wo wird er dagegen schlagen, um neue Klänge zu erzeugen?? Schlagzeug ist nie nur 1 Instrument. Gebannt schaut man auf die Bühne. Welche Schlägel? Welche Trommel? Oder wieder das Marimbaphon? Und wo hat er die aneinander geriebenen Steine vom Anfang hingelegt? Auch die vier Schlagwerker*innen des Orchesters sind mehr als gewöhlnich in Aktion – und haben sichtlich Spaß daran. Da werden einmal sogar Klangschalen mit einem Bogen gestrichen – und wo kommt auf einmal dieser seltsam leise klirrende Klang mit Zimbeln her? Das Orchester als Wimmelbild, mal laut und aufbrausend, dann auch wieder leise. Alles ist imm in Bewegung, auch in der Stille. Es dauert anfangs länger, bis eine zusammenhängende Meldodie erkennbar ist.Aber: niemanden stört das. Nur billige Effekthascherei? Mitnichten. Der chinesische Komponist Tan Dun hat die Klänge und Geräusche in ihrer Folge sorgfältig ausgewält, durch verschiedene Lautstärken und nicht immer wohltönenden Tonfolgen wird jeder klischeehafte Klang, der sich beliebig und nach Mainstream sich anhören könnte, verhindert. Tan Dun hat mit jedem Satz eine Katastrophe beschrieben, u.a. das Reaktorunglück von Fukushima. Fast alles, was der Klang- oder Geräuscherzeugung dient, wird aufgefahren. Das Schlagzeugkonzert von Tan Dun: zu spannend, zu witzig beim Zuhören und Zu-Schauen, als dass man an schlimme Ereignisse denken könnte – und daran, daß auch die Natür Tänen darüber vergießt, wie es der Titel beschreibt.

Allerdings blieben viele Plätze im Konzerthaus leer. Jede*r Veranstalter*in bekrlagt, daß die Besucher*innen seit der Hoch-zeit der Coronkakrise im Jahr 2020 die Gäste ausbleiben. Vielleicht sollte man eine Art Tutorial machen: How to buy a ticket for a concert and how to go there – oder so ähnlich.damit wieder mehr Zuhörer-/innen kommen. Oder die Traditionalisten, die das Schlagzeug gefälligst dort sehen wollen wo es hin gehört (nämlich ganz hinten im Orchester bei den Pauken) haben sich in manchem Haushalt oder Lebensgemeinschaft durchgesetzt. Zu so einem Krachkonzert gehen wir nicht! Das ist schließlich keine Musik.

Nun, mir hat der „Krach“ gefallen. Neues wagen, sich einmal etwas anhören, was man nicht schon so oft in verschiedenen Interpretationen gehört hat. DAS macht einen guten und spannenden Konzertabend aus..Die verschiedenen Arten des Schlagwerkes haben auch etwas archaisches. Hier wird nicht unbedingt immer so lange gestimmt und nicht jedes Instrument hat viele Klappen, Schrauben oder Stimmwerkzeuge, wie es z. B. bei der Geige der Fall ist. Nur ein Stab aus Holz, ein Schlägel, nur ein paar Steine. Entscheidend ist z. B. bei den aneinander geriebenen Steinen oder den geklopften Drumsticks der Rhythmus.Das hat etwas archaisches, auch kindliches. Und dabei ist doch jede Note auf Papier notiert.

Das zweite, auch Schlagzeug lastige Stückdes Abends war The Chairman Dances von John Adams. Die oft abrupten Wechsel der Tempi und Stimmungen: einmal wie heitere Tanzmusik, ein Foxtrott eben, dann wieder chromatisch abwärts steigende Linien oder schrille Töne beschreiben gut die Stimmung der beiden politschen Lager und Gegensätze, bei Nixon in China .

Deshalb: Hingehen! Philharmoniksches Konzert morgen am Mittwoch, den 9. November um bereits: 19.30 Uhr im Konzerthaus Dortmund. (und aufpassen: die allererste ‚Pause‘ im ersten Teil ist nur eine Umbaupause…deshalb bitte nicht gleich an die Bar verschwinden.)

Etwas geschafft wirkten die Dortmunder Philharmoniker*innen nach der Pause bei der 6. Sinfonie von Ludwig van Beethoven. anfangs wirkte die Oboe etwas gehetzt und aufgeregt. Ein Kieksen im Horn war nicht zu vermeiden (aber seitdem ich das Saxophon gegen die Geige eingetuascht habe, kann ich dieses Malheur eher verzeihen). Auch Erstliga-Spieler*innen müssen nicht jeden Abend perfekt sein (und die Championsleague spielt ohnehin in Berlin und ist für Normal- und Geringverdienende unbezahlbar). Auch bei den Geigen schrammelte es einmal unangenehm… puh, gerade noch einmal rechtzeitig an der richtigen Stelle angekommen. Nach einem alles an Kraft und Konzentration fordernden Schlagzeugkonzert und einem nicht minder wilden, auch leicht verrückt wirkenden The Chairman Dances von John Adams sind auch Profis möglicherweise erschöpft. Im gesamten war die 6. Sinfonie aber ein schöner Abschluß dieses Konzertabends. Auch wenn diese Landidylle möglicherweise nur eine Empfindung des Komponisten gewesen war und das Landleben nie so schön und friedvoll für seine Bewohner*innen war. Beethoven war auch damls sim 18. Jahrhundert wohl auch nur ein Tourist, den sein Ausflug Inspiration zum Komponieren gewesen war.

Die Last der Lastenrad-Ausleihe

Lastenräder sieht man immer häufiger im täglichen Straßenverkehr. Die Fahrer-/innen bringen damit ihre Kinder zum Kindergarten, so daß nicht noch mehr „Elterntaxis“, also PKWFahrer-/innen mit meist übergroßen Autos, sogenannten SUVs die öffentlichen Straßen benutzen und für noch mehr Straßenverkehr, Lärm und Abgase sorgen. Oder es wird beim Baumarkt, Getränkemarkt oder eben im Supermarkt eingekauft. Lastenräder sind größer als ein normales Zweirad, brauchen aber wesentlich weniger Platz als ein PKW – diese Räder sind wie gemacht für den Stadtverkehr. Denn die meisten Autofahrer-/innen transportieren meist nur eine Einkaufstasche und nicht, wie oft behauptet, gleich einen Kofferraum voller Waren oder täglich die fußkranke Verwandten zum Arzt/Ärztin.

Es macht durchaus Sinn, daß nicht jede*r ein Auto besitzt, denn es gibt Mietmodelle für Autos, z. B. carsharing. So könnte man auch über den Besitz von Lastenrädern denken. Abgesehen davon, daß mir das nötige Kleingeld für so ein tolles Rad fehlt, wüßte ich auch nicht, wo ich es sicher abstellen kann. Deshalb müssen vernünftige Leihsysteme her. In den letzten Jahren hat sich in Dortmund schon etwas getan. Aber das Angebot an Leih-Lastenrädern in Dortmund reicht bei weitem noch nicht aus, v.a. in den Sommermonaten. Im folgenden gibt es einen Überblick über die Verleihsituation von Lastenrädern im Stadtgebiet Dortmund.

Als ich 2015 nach Dortmund kam, sah ich zufällig einen Vertreter der Initiative VeloCityRuhr auf dem Campus mit einem roten Bullitt fahren. Die Infos waren bald besorgt, das Lastenrad immer wieder ausgeliehen. Einen Fahrbericht darüber kann man hier nachlesen.

Ein einziges Lastenrad für eine Stadt mit 500.000 bis 600.000 Einwohner-/innen? Es war klar, daß das nicht ausreicht. Und bei allem Enthusiasmus stößt man bei einem Lastenrad ohne Motor auch bald an die eigenen Grenzen… ab 10 Streckenkilometern mit mehr oder minder vollgeladener Wanne wird die Fahrt bei eher hügeligem Gelände zur Schinderei. Ich probierte den ULF aus, das Unnaer Lastenrad. Große Ladefläche, ruhiger Gang, gemütliches Rad. Auch diese Ausleihe ist kostenlos, es wird um Spenden gebeten. Soweit zu den Vorteilen. Der Nachteil dieses Rades: weiter Anfahrtsweg (rund 12 km) und als eine Art Hollandrad nicht wirklich für hügeliges Gelände, wie es zwischen der Verleihstation, der Radstation am Lünener Hauptbahnhof und Dortmund, meinem Wohnort, zu finden ist, geeignet. Man merkt bei diesem „bakfiets“, daß es für die Ebene gemacht ist – da rollt es auch mal schneller als 15 km/h. Aber ja nichts überstürzen, 20 km/h, da ist dann beim ULF aber wirklich Schluß mit der „Schnellfahrerei.“

Auch das Essener Lastenrad ELa (auch ein Bullitt wie der rote Rudolf) probierte ich in meinem Enthusiasmus aus. doch das war dann wirklich zu viel, 40 km Anfahrt zu haben. (Inzwischen gibt es auch E-Lastenräder in Essen zu leihen). Zurück brachte ich das Rad mit dem Zug, was auch keine Freude macht. Schon ein normales Rad ohne große Ladefläche auf einen Bahnsteig zu bringen ist in Deutschland eine Katastrophe, bei der „Pommesbude mit Gleisanschluß“ wie ein ehemaliger Oberbürgermeister den Dortmunder Hauptbahnhof zu Recht mal spöttisch nannte. Dort wird seit Jahren gebaut und gemacht. Und hey, ein Riese+Müller Packster 60 passt sogar in den neu errichteten Aufzug zu Gleis 23! (Warum das wichtig ist, dazu später mehr).

Im Frühjahr des Jahres 2020, als der Schock über die Coronakrise Geschäfte, das öffentliche Leben und auch den Geist eines jeden denkenden Menschen nahezu lahm legte, gab es eine unter den wenig guten Nachrichten: die Bezirksvertretung Innenstadt Nord hatte drei Leih-Lastenräder angeschafft, die nun ab sofort ausgeliehen werden können. Meine Freude war groß, endlich nicht mehr so lange Anfahrtswege zu haben. Das NOrdstadt-LAstenrad , kurz die NOLA würde ich nun öfter fahren.

Nicht so schwer wie ein Bullitt und sehr wendig: das NOLA, Modell: KARGON One. Eigenes Foto

Die ideale Fahrrad-Ausleihe sieht gewöhnlich so aus: 24 Stunden verfügbar, mit einer App zu buchen und durch einen Klick auf das smartphone oder die Abgabe an einer festen Station zurückzugeben. Das ist bei den 3 NOLAS, von denen zwei Räder auch Kindersitze haben, nicht so. Die Stadt Dortmund, bzw. die Bezirksvertretung mit ihrem Quartiersmanagement ist immer auf Institutionen angewiesen, die für sie die Ausleihe organsieren. Es gibt seit dem Beginn drei Verleih-Stellen: den Langen August (ein privates Kulturzentrum), die Firma GrünBau (Garten- und Landschaftsbauunternehmen) und den Fahrradladen 2WheelGarage. Beim LangenAugust übernimmt ein Ehrenamtlicher die Ausleihe und da es nicht seine Hauptaufgabe wie die Ausübung eines Berufes ist, kann er nicht immer vor Ort sein.

Ohne Motor, aber so wendig, daß man auch durch die nervigste aller Umlaufsperren in Dortmund kommt: mit der NOLA im Fredenbaumpark, kurz vor den Bootshäusern am Dortmund-Ems-Kanal.

Bei den anderen beiden KARGON-Lastenrädern NOLA ist die Zeit der Ausleihe an die Ladenöffnugnszeiten gekoppelt. Das ist verständlich, denn sowohl die 2WheelGarage wie auch GrünBau sind nur Dienstleister für den eigentlichen Ausleiher, das Quartiersmanagement Nordstadt. Ein Betrieb oder ein Laden können nicht wie eine App 24 Stunden agieren. Für Menschen, die das Lastenrad ausleihen möchten, um eben mal nicht das Auto für z. B. den Wocheneinkauf zu benutzen, sind diese beschränkten Zeiten aber von Nachteil. Bei GrünBau muss die NOLA um spätestens 15.30 Uhr zurück gegeben worden sein, bei der 2WheelGarage ist die dealine 18 Uhr, am donnerstag 15 Uhr, in den Wintermonaten ist der Laden samstags geschlossen. Aus Sicht der Ladenbesitzer*innen völlig verständlich – aber eben nicht so, wie es eigentlich bei Leihrädern, ganz gleich ob Lastenrad oder Tourenrad sein sollte. In Mannheim gibt es derzeit solch ein Verleihsystem mit 24-Stunden-Ausleihe. Da werde ich richtig neidisch! https://www.vrn.de/verbund/presse/pressemeldungen/pm/016410/index.html

Da ich leider kein Geld für eine neue Waschmaschine habe, die alte hat wohl die letzten beiden Umzüge nicht überlebt, ist die Lastenradausleihe für mich sehr wichtig. Durch die eingeschränkten Ausleihzeiten bin ich oft in Eile, muss zusehen, daß ich rechtzeitig beim Waschsalon bin, die Wäsche möglichst mit dem Lastenrad nach Hause bringe, um dann das Leihfahrzeug zum 2-3 km entfernten Verleiher zu bringen. Oft genug, auch ausgelöst durch andere ungute Umstände (Mattigkeit durch die Periode, Erschöpfung durch die Verdienstarbeit), musste ich nach Abgabe der NOLA die zwei dicken großen Taschen mit der nassen Wäsche mit dem normalen Rad nach Hause schieben. Auch bei nur 2-3 Kilometern eine Schinderei.

Man muss auch aufmerksam sein, damit nichts passiert: es gibt genug Idioten, die „Hilfe“ anbieten, dich aber nur ausrauben wollen. Hatte ich schon erlebt, ich wußte mich zu verteidigen. Dies gilt nicht nur für das Problemviertel Nordstadt Dortmund. Das Lastenrad NOLA ist Ausdruck der anderen Nordstadt, die eben nicht durch dicke Autos, Patriarchat, Armut allein und Kriminalität geprägt ist. Diese Personengruppe, zu der auch ich gehöre, ist allerdings in der Minderheit. Noch dazu sind alleinstehende Frauen, selbständig mit (Lastenrad)rad unterwegs, vielen Bewohnern hier mindestens suspekt. Diese Verachtung spüre ich jeden Tag von den männlichen Nachbarn. Ich bin die einzige Frau im Mietshaus. Wer jetzt die Klischeekiste gegen Migranten auspacken will: ich kenne es von früher auch nicht anders, nur waren die widerlichen Patriarchen männlich, katholisch und weiß. Von wem die Verachtung voller Sexismus und Misogynie kommt, ist mir egal – eins steht aber fest: Es muss endlich Schluß mit dieser Bosheit gegenüber Frauen, ganz gleich welcher Hautfarbe und Herkunft!

Ja, ich bin noch so old fashioned und bringe die nasse Wäsche nach Hause. Trocknerbetrieb im Waschsalon kostet zusätzlich Geld und Zeit, außerdem vertragen nicht alle Kleidungsstücke die geblasene heiße Luft. Nur wenn´s wirklich mal frostig draußen ist, ist es mit der Wäschetrocknung an der Leine schwierig. „Dank“ Klimawandel wird es aber immer seltener richtig Winter und damit selten richtig kalt.

Viel zu eng: Fußwege durch Dortmunds Straßen dank parkendem Blech.

Ich habe Verständnis für alle Verleiher der NOLAs, daß sie unmöglich 24 Stunden für eine Ausleihe zur Verfügung stehen können. Dennoch bleibt die Situation für die Ausleihe von Lastenrädern unbefriedigend.

Schauen wir doch mal… in den Südwesten!

Mehr aus Langweile oder weil ich was anderes suchte, stöberte ich auf der Seite http://www.cargobike.jetzt herum. Vielleicht gibt es ja doch noch eine andere Möglichkeit, an ein Lastenrad zu kommen…. Beim ULF war ich im Osten von Dortmund gewesen, schauen wir doch mal in… den Südwesten! tatsächlich gibt es in der Nachbarstadt Witten an der Ruhr ein E-Lastenrad zu leihen! Juhuu! 😀 Die „Pottkutsche„, ein Bullitt, Modell Bluebird mit geräumiger Ladefläche, Regenhaube und – nicht selbstverständlich – Gepäckträger hinten. Derzeit (Stand: Januar 2022) ist der Standort des Dienstleisters für die Initiative, die hinter der Pottkutsche steht, das Radcafé im Augustaviertel. Schwupps, habe ich mit der Pottkutschen-Ausleihe gleich mal meine Kenntnisse der Stadt Witten erweitert! Der Sattel (die Ausstattung ab Werk) ist für Damenhintern etwas unbequem, aber für meine Strecken bis 20 Kilometer noch ok.

Ich bin ja froh und dankbar, daß ich überhaupt an ein E-Lastenrad komme – das „nur“ einen Anfahrtsweg von 15 Kilometern hat. Zur Pottkutsche wird es noch einen ausführlicheren Artikel geben. Auch beim Wittener Lastenrad muss man die Ausleihzeitenbeachten (im Winter: bis 17 Uhr Abholung und Rückgabe). Spenden sind immer gern gesehen, es fehlt außerdem noch ein Restbetrag, damit ein zweites Lastenrad angeschafft werden kann, denn: auch in Witten ist emissionsfreie Transport-Mobilität sehr gefragt! Man muss mindestens einen Monat im Voraus buchen, um die Pottkutsche fahren zu können.

Mit dem normalen Rad eine Plage, mti dem Lastenrad locker zu machen: der Getränkekauf.

Meine absolute Favoritin, die ich sehr liebe (ok, ich gebe zu, Dinge kann man nicht lieben, also nicht wirklich) und sehr gern fahre, hat ihren Standort 35 Kilometer entfernt. Momentan leider nicht buchbar (Dezember 2021 /Januar 2022 wegen Reparaturarbeiten und Wechsel des Dienstleisters). Manche halten mich für verrückt, daß ich so weit fahre. Aber wenn man als Geringverdienerin schon die Möglichkeit hat, mal ein top Rad der höheren Preisklasse zu fahren, dann nimmt man auch längere Wege dafür in Kauf. Außerdem sind 35 bis 40 Kilometer Strecke mit einem E-Lastenrad locker zu bewältigen.

Ach GErda, schade, daß wir uns derzeit nicht treffen können. Kein Lastenrad fährt sich besser als ein Packster 60 von Riese und Müller. Mit keinem fühle ich mich so sicher wie mit diesem Rad. Übrigens, weder GErda noch ich sind Fußballfans, bestenfalls Sympathisantinnen der jeweiligen Vereine, bzw. Aktiengesellschaften. 😉 Ein einziges Mal hat mich der Motor in all den Jahren der Ausleihe verlassen, so daß ich nur mit Muskelkraft das schwere Rad fahren und mit dem Zug zurück zum Verleiher bringen hatte müssen. Und huhu, das Packster 60 passt in den neuen Aufzug am Dortmunder Hauptbahnhof!

Im Herbst 2021 las ich, daß nun endlich ein kommerzieller Anbieter von Elektro-Lastenrädern in Dortmund sei. Ich war neugierig und las mir alle Artikel und die Seite von der Firma Sigo sharing durch. Nur 7 Kilometer Anfahrtsweg, die Preise auch ok das sah nach einem guten und erreichbaren Angebot für Leih-Lastenräder, noch dazu mit Elektrounterstützung, aus. die Ausleihe erfolgt automatisch per App, also unabhängig von irgendwelchen Ladenöffnungszeiten. Im November lieh ich ein Rad, um bei einem Bekannten, der rund 15 Kilometer entfernt wohnt, die Wäsche zu waschen und auch zum Trocknen aufhängen zu können. Die Freude über das Sigo-Lastenrad währte aber nur kurz: nach nur 5 gefahrenen Kilometern verabschiedete sich der Motor. Danke auch! Ich hatte noch rund 30 Kilemeter insgesamt vor mir! dieser Abend war eine einzige Schinderei gewesen. Mich machte das wirklich wütend, weil ich von einem kommerziellen Anbieter schon erwarten kann, daß alles funktioniert. Ein heulend pfeifender Motor, der nicht funktioniert… man könnte glatt abergläubisch werden, wenn man das Sigo-Lastenrad fährt.

Wer reitet so spät durch Nacht und Wind? Leider nicht so praktisch, wie es aussieht: ein Lastenrad von der Firma sigo-sharing. Eigenes Foto.

Im Gespräch mit einem Bekannten, der in Köln bei einem anderen Verleiher von (Lasten)rädern arbeitet, sprach ich die Sigo-Räder an. Er sagte mir, daß Motoren einer chinesischen Billigmarke verbaut seien. Ich stöhnte auf. Was nützt ein Elektro-Lastenrad, wenn ich mit nicht auf den Motor verlassen kann???

Auf einer Erkundungstour auf den Teilstücken des Radschnellwegs 1 in Bochum im November erzählte mir ein Teilnehmer, daß auch er als Mieter von sigo-Rädern die selben Erfahrungen gemacht habe. Der Motor fiele eben öfter aus. Wie bitte? soll das der „Normalzustand“ sein?

Den Namen Sigo kannte ich schon. In Bochum können Mieter*innen eines Wohnblocks diese Räder ausleihen.

https://www.bogestra.de/news-liste/news/article/neue-e-lastenraeder-fuer-bochum-bogestra-vivawest-und-sigo-starten-durch.html

Am 2. Januar 2022 wollte ich dem grauen Lastenrad mit dem grünen Firmenzeichen noch mal eine Chance geben. Es sollte eine Spaßtour werden, 30 Kilometer am südlichen Rand von Dortmund entlang und wieder zurück zur Vreleihstation vor den Studierendenwohnhäusern. Doch die Tragödie schrieb sich fort. Das selbe Elend. Glücklicherweise war ich noch nicht weit gefahren, keine fünf Kilometer von der Verleihstation entfernt. .

Die Verleihstation von sigo sharing in der Ostenbergstraße 99 in Dortmund.

Verärgert war ich dennoch. Ausflug unmöglich, Tag versaut! Ist ja ganz wundervoll, wenn man beim Kund*innentelefon immer jemanden erreicht, Verständnis für den eigenen Ärger und „Credits“ bekommt, auch Kostenerlaß. Auch das hatte mir der Bochumer Radfahrer erzählt: dass man oft Bonuspunkte bekäme. Sicher war ich froh, nichts für die verpatzte Ausliehe zahlen zu müssen. Ich habe momentan absurd viele Bonuspunkte, sogenannte „credits.“ Aber ist das der Sinn der Sache? Weder die Firma Sigo noch ich haben was davon: Sigo macht auf absehbare Zeit Verluste bis zum Konkurs, ich kann die „Credits“ nicht einlösen, weil der Motor nicht funktioniert. Heute übrigens bei beiden Rädern. Wäre eben zu schön gewesen, ohne Aufgabenerfüllung (Wäsche sauber bekommen), also ohne Streß mit dem E-Lastenrad unterwegs zu sein. Knurr.

Und ja, es gibt sogar noch ein E-Lastenrad in Dortmund. Aber das ist kein offiziell ausleihbares Rad, sondern im Privatbesitz eines Bekannten. Wenn er es für seine Familie braucht, ist es verständlicherweise nicht verfügbar. Ich freue mich immer, wenn ich das URBAN ARROW fahren kann. Meine Nummer 2 nach dem Packster 60 von Riese und Müller.

Mit dem Cabrio am Phönixsee in Dortmund.

Et maintenant? Wie geht´s jetzt weiter?

Ich weiß nicht, ob ich noch mal Zeit und Nerven investiere, um die knapp 7 Kilometer Anfahrt für das sigo-Lastenrad auf mich zu nehmen – wenn ohnehin zu erwarten ist, daß es wieder nicht funktionieren wird. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, was schief gelaufen sein soll, was ich falsch gemacht haben sollte…. ich bin schon viele Lastenräder, mit und ohne Motor gefahren. Dennoch schrieb ich in meiner Beschwerde, daß ich mich gern mit dem Techniker/der Technikerin treffen würde, damit sie oder er mir das Rad noch mal genauer erklärt. Langsam vermute ich auch Vandalismus oder Wettereinflüsse als Ursache dieser zu häufigen Motorschäden. Finden Marder Elektromotoren-Leitungen genauso spannend wie die von Verbrennermotoren? Dann hat eines dieser Viecher vielleicht am sigo-Lastenrad was durchgebissen (und nicht überlebt).

Der ADFC Unna , mir bisher durch den ULF bekannt,war mit seinen Ortsverbänden in der letzten Zeit auch nicht untätig: auf der letzten Ciritcal Mass Dortmund sah ich zu meiner Freude ein E-Lastenrad aus der südlichen Nachbarstadt Schwerte, die Schwester (oder Bruder) des Riese + Müller Packster 60: das Modell load. Klar wurde mit dem Fahrer und Mieter des Rades gleich gefachsimpelt und gespaßt 😀 . Im Januar werde ich damit zu einem 15 Kilometer entfernten Ärztintermin fahren. Ich freue mich schon darauf. Wie nach Witten sind es auch „nur“ 15 Kilometer Anfahrt bis nach Schwerte – allerdings mit stärkeren Steigungen. Doch ich lasse nichts unversucht, trotz geringem Budget gute Lastenräder fahren und dabei von einem eigenen träumen zu können. Radfahren ist Leidenschaft. Meine Spende fällt eben nicht so üppig aus, wird aber gegeben, weil ich dankbar für die Leihräder bin. Wenn Technik das Leben der Menschen erleichtert, ohne die Umwelt zu sehr zu gefährden, soll sie das tun.

Schade eben, daß sich die Stadt Dortmund immer noch schwer tut, ein richtiges Verleihsystem für Elektroräder, insbesondere E-Lastenräder auf die Beine zu stellen. Das könnte in Kooperation mit nextbike erfolgen. Wenn überhaupt, findet die Ausleihe nur immer mit bestimmten kleinen, kaum bekannten Aktionen wie „Lappenlos“ statt. Ein Lastenrad zur Miete bekommt auch nur, wer bestimmte Voraussetzungen dafür erfüllt. Mit einer richtigen Ausleihe von (Lasten)rädern hat das nichts zu tun. Stattdessen machen die Stadtwerke, DEW 21 weiterhin schön Werbung für „mehr blauen Himmel“, den ein Autofahrer im E-Auto sitzend, auf seinen Ausflügen sehen soll. Seltsam, den blauen Himmel sieht man eigentlich vor allem beim Radfahren und Spazierengehen. „E fahren“ heißt eben nicht nur Auto, sondern auch Radfahren. Das sollte allen, der Stadt wie den Stadtwerken eigentlich klar sein, wenn sie immer von der „emissionsfreien Innenstadt“ sprechen.

Kein unterhaltsamer Grusel

Radwege, die plötzlich aufhören, lange Parkreihen auf dem rechten Fahrbahnrand, die die Straße so einengen, daß überholende Autofahrende die Radfahrenden gefährden: die Liste für eine miserablen Verkehrsinfrastruktur sind lang, sehr lang. Bochumer Radfahrerinnen und Radfahrer prangern fast täglich auf twitter und anderen Medien täglich diese Mängel an. Aktive für den Radentscheid Bochum wollen das ändern und sammeln seit Monaten Unterschriften, damit die Stadtverwaltung zum Handeln gezwungen werden kann, damit sie endlich entsprechende Verordnungen erlassen. Falschparker*innen müssen strenger sanktioniert werden, überhaupt zur Kasse gebeten werden. Nur wer Strafen zu fürchten hat, hält sich an Regeln.

Der 31. Oktober ist der Tag vor Allerheiligen, der Tag vor dem Gedenktag an alle als vom Papst heilig gesprochenen Menschen, All Hallows‘ Eve . Heute könnte man von einem Gruselfest sprechen. Und gruselig ist die Radinfrastruktur – nicht nur in Bochum – auch, deshalb veranstalteten die Aktiven des Radentscheids an Halloween dieses Jahres eine Gruseltour.

Treffpunkt war am Schauspielhaus Bochum, viele Radfahrer*innen hatten sich tolle, phantasievolle Kostüme gestaltet. Auch die Räder waren geschmückt.

Angekommen! Fast 22 km waren es von Dortmund nach Bochum zum Schauspielhaus.

Im Hintergrund sieht man auf dem Foto eine Bühne, denn: Bevor die Radtour losging, gab es ein gruselig-lustiges Theaterstück vom Theater Löwenherz. Horror-Hasen und deren Chef, ein wahrhafter Unhold vertreiben alle Radfahrenden aus der Stadt! Ein Drama! Ob es gut ausging und die Radfahrenden zurückkehren konnten? Oder hatte der Unhold sie sogar gemeuchelt? Das wird hier nicht verraten… 😉

Es war ein Kampf gewesen, es rechtzeitig nach Bochum zu schaffen. Am Vortag hatte ich Ärger in der Arbeit gehabt und war eigentlich zu müde und fertig für alles. Aber ich raffte mich auf und fuhr los, denn ständig wehklagen macht nur noch mehr fertig. etwas verspätet um 16.30 Uhr statt 16 Uhr startete ich in Dortmund meine Zubringerfahrt. Das Navigationssystem komoot führte mich über Bochum-Werne, eine mir bisher unbekannte Strecke. Zuerst über lärmende Hauptstraßen (Lütgendortmunder Hellweg, Werner Hellweg), auf denen ich aber dank des Wochentags zügig voran kam und dann querfeldein vorbei an den Harpener Teichen (das müssen sie gewesen sein ab der Abbiegung nach der Werner Straße). Die Hinfahrt wurde so auch schon zu einer Gruseltour, weil unbeleuchtet: plötzlich 90°-Kurven mit anschließender Eisenbahn-Unterführung, einmal ein Baustellenschild und die Sorge, nicht anzukommen, weil es nicht weiter ginge… aber das Grundrauschen der Autobahn/Bundesstraße war, wie im Ruhrgebiet üblich, immer vorhanden und erzeugte eine trügerische Sicherheit, nie weit weg von der Zivilisation zu sein.

Nicht nur zum Spaß: die Gruseltour des Radentscheids Bochum hatte eine klare Botschaft und Mahnung.

Gruseltour an Halloween: nicht ohne Kürbisanhänger! Denn die Fratzen sollen böse Geister vertreiben.

Eigenwillige Tierwesen veranstalteten in Bochum ihr Unwesen. 😀
Ein BocHUMMER! (Foto mit freundlicher Genehmigung der Radfahrerin).

Unterwegs gab es zwei Redebeiträge von Menschen, die an dieser Straße vor Ort jeden Tag schlechte Erfahrungen machen: fehlende sichere Kreuzungsmöglichkeit für Radfahrende und Fußgänger*innen, zu enges Überholen. die zweite Sprecherin hatte im Breich Freigrafendamm sogar mal einen Unfall mit dem Rad. Zusätzliches Ärgernis zum Gruseln: Straßenbahnschienen, die längst nicht mehr benutzt werden. Wer wollte, konnte auch für den Radentscheid Bochum unterschreiben.

Straßenbahnen sollen natürlich fahren können, sie sind wichtiger Bestandteil des Nahverkehrs. Allerdings dürfen sie nicht zur Ursache für Stürze von Radfahrenden werden! Es gibt genug technische Möglichkeiten, um Straßenbahnschienen für Radfahrende angst-, streß- und unfallfrei zu gestalten. Es fehlt in Deutschland dafür nicht unbedingt an Geld, sondern am politischen Willen. Die Politik, nicht nur in Bochum muss endlich erkennen, daß Nahverkehr und Radverkehr miteinander gedacht werden müssen – als wichtiger Bestandteil der Verkehrswende.

Enge Straßen, zu knappes Überholen und fehlende sichere Kreuzungsmöglichkeit für nicht-motorisierte Verkehrsteilnhemende wurde an dieser Stelle angeprangert. ich bitte die schlechte Bildqualität zu entschuldigen.

Auch beim Freigrafendamm gibt es gruselige Verkehrsinfrastruktur für Radfahrende.

Trocken am Start… dann typisches Herbstwetter. Ein paar Teilnehmende fuhren nach Hause, mit Kindern ist es dann eben auch nicht mehr so einfach. Wegen des Wetters wurde die Route auch abgekürzt – sie war deshalb aber nicht weniger gruselig.

Sogar zwei Einradfahrende waren dabei – auf der gesamten Gruseltour. Wow! 😀

Ggen 20.30 Uhr kam die Gruseltour am Anneliese-Brost-Musikforum an. Der Regen hielt an, dennoch waren viele geblieben. Es war trotz der Nässe schön und für mich nach dem Ärger am Vortrag eine Wohltat, freundliche, gleichgesinnte Menschen zu treffen und nett plaudern zu können.

Schwupp! So schnell war zu Beginn der Tour die Theaterbühne in diesem Lastenrad verschwunden 😉

Ich blieb sogar noch, als der Großteil schon nach Hause gefahren war. Dann platzte der Regen richtig los, wir flüchteten unter die nächste Arcade vor zwei Schaufenster. Bei aller Freude wurde es aber jeder bald kalt, wir verabschiedeten uns. Ich wäre an sich gern zur Trinkhalle in der Herner Straße gefahren, allerdings gibt es dort nur kühle Getränke. Also auf zum nahegelegenen Bermuda3eck und einen heißen Kakao bestellt.

Im Café Konkret im Bermuda3eck kann man sich gut aufwärmen.

Lecker und vor allem heiß war er, der Kakao. Allerdings war der Preis schon heftig: 4,20€. Aber bei diesem Mistwetter die einzig beste Sache nach einer längeren trockenen und einer kürzeren nassen Radtour. Die elektronischen Pferde auf Schienen brachten mich dann wieder nach Hause. Noch viel mehr kostümierte Menschen sah ich, einiges an Polizei, ein paar Fußballfans (am 31.10.21 hatte es einige Partien gegeben gehabt, u.a. Vfl Bochum vs. Borussia Mönchengladbach). Es war schön, daß sich hier alle friedlich verhielten.

So liebe Bochumer*innen. Nachdem ich immer nur Besucherin bin und meist nur Teilstrecken Eurer Stadt beradele: Schreibt doch Eure persönlichen Gruselstellen in die Kommentare: Ort (Straßenname/Kreuzung) und was/warum Ihr euch da gruselt. Da wird eine schöne Sammlung zusammenkommen….ich freue mich auf Eure Antworten.

Was für 1 verrücktes Fahrrad-Wochenende! 3. und letzter Teil: Fahrradsternfahrt Ruhr am 19. September 2021

Am Freitag, den 17. September, den 3. Freitag im Monat gab es regulär die Critical Mass Dortmund. Ich war nur ein Stück, ca. 18 km Strecke, mitgefahren. Dank Periode war ich richtig fertig, spürte dazu ein großes Tief… schade um die nette Unterhaltung, die ich in diesem Moment hatte, ich musste erst mal adé sagen und die Mitfahrt beenden. Interessant, daß dieser Radler auch in der Nordstadt wohnt! So fühle ich mich nicht mehr so allein mit meiner Not auf der Straße. Plötzlich vom Rad fallen vor Erschöpfung und mehrere Stürze dadurch auslösen, das musste nicht sein. Ich war zumindest ein Stück bei der CM mitgefahren.

Samstag, den 18. September die Kidical Mass... und dann am Sonntag, den 19. September die FAHRRADSTERNFAHRT RUHR!

Was ist eine Sternfahrt überhaupt?

Bei einer Sternfahrt treffen sich Radfahrer*innen an verschiedenen Orten und radeln, den Strahlen eines Sterns gleich, auf ein gemeinsames Ziel zu. Im Jahr 2021 war dieses Ziel Lünen, bzw. der Seepark Lünen-Horstmar.

In Bochum hatte ich sie schon mal erlebt, Hagen leider verpasst gehabt….nun wollte ich ab dem Westfalenstadion mit nach Lünen fahren. Allerdings machte der Körper nicht so mit. Die Anstrengungen der vergangenen Tage war zu spüren, Samstag abend hatte ich noch zwei kleinere Aufgaben bei der Museumsnacht Dortmund übernommen gehabt.. Hätte ich doch ein Rad mit E-Motor! So habe ich leider die Fahrt über die B 1 und den Tunnel Wambel verpasst.

Großen Spaß bei der Durch-Radelung des Tunnels Wambel. sonst fahren hier nur Autos.

Aber der Grant war groß – groß genug, um die Wut in Muskelkraft umzusetzen. Ich fuhr auf eigenen Wegen Richtung Norden, Richtung Lünen. Ich wunderte mich etwas, daß die Sternfahrt nicht durch die Nordstadt ging! Da geht es doch nach Lünen!

Auf der häßlichen Bundesstraße, der Walter-Kohlmann-Straße ging es ab Stadtgrenze Dortmund flott Richtung Lünen, dem Ziel der Sternfahrt. Ich sah immer wieder auf Critical Maps nach dem aktuellen Standort der Radfahrer-/innen. Zu meiner Freude waren die einzelne Fahrerin und die vielen nicht mehr weit voneinander entfernt. Die Autos neben mir: plötzlich im Stau. ein dunkler Audi hupte. Tja Junge, nicht nur du musst warten. Er zeigte Tendenzen, auf den Standstreifen alle anderen überholen zu wollen. doch auf dem fuhr ich. Nee Freundchen, da kommst du nciht durch! dachte ich mir. Plötzlich war auf der Spur, auf der ich fuhr, ein Fahrrad-Piktogramm. Sachen gibt´s….

Und dann sah ich die vielen Radfahrer-/innen. Ein paar hatten sich schon wieder abgesetzt, diese kleine Gruppe von vielleicht 6 Radler-/innen war mir entgegen gekommen. „Seid Ihr die Sternfahrt?“ – „nee, aber dort!“ Ich tat einen Freudenschrei. Ich hatte die Sternfahrt doch noch erwischt! Allerdings, das Klientel hier war ein anderes als gestern. Hier war alles dabei, auch die Chaoten. Wenige Jugendliche, (zu) viele ältere Leute. Viele gelbe Wahnwesten, teiwleise mit ADFC-Aufdruck. Auch optisch wurde so das Problem der Überalterung vieler ADFC-Kreisverbände deutlich.

An dieser Stelle sei angemerkt: der Allgemeine Deutsche Fahrradclub bleibt ein wichtiger Akteur für die Verkehrswende, für die dringend umzusetzende Flächtengerechtigkeit des Verkehrsraumes. Ich persönlich habe mich auch schon mit bestimmten Mitgliedern und Vorsitzenden verkracht – was aber an deren Persönlichkeit und Fehlern auf beiden Seiten lag – nicht an der politischen Agenda des ADFC. Es kommt eben immer auf die Menschen drauf an, die im jeweiligen Kreisverband aktiv sind. In Iserlohn wird Autowerbung im Fahrradmagazin des ADFC geduldet, weil die Zuständigen nicht kapieren, daß und wie falsch das ist. Demnächst: Metzgerei-Werbung im Vegetarier*magazin. Merkste was? Ich habe 10 Jahre in Fürth bei Nürnberg gewohnt, war dort im KV Nürnberg aktiv. Bis heute blicke ich sehnsüchtig auf deren Tourenprogramm und die Zeit dort zurück.. Alle KVs, die ich danach kennenlernte, waren eine einzige Enttäuschung (über den aktuellen kann ich nicht so viel sagen, da ich dort nicht aktiv bin). Der KV Nürnberg hat viele Mitglieder, die eben so was wie dieses vielseitige Tourenprogramm tragen: es gibt nicht nur verschiedene Geschwindigkeitslevel von gemütlich bis sportlich (15 km/h bis 21 km/ und mehr), sondern auch extra Rennrad- und Mountainbiketouren, Thementouren, Stadtteil-Kennenlerntouren für Neubürger-/innen. Die Leute dort waren (und sind wohl auch heute noch) keine gefrusteten oder/und Rentner-/innen, wie ich sie nach meiner Nürnberger zeit erleben hatte müssen, sonder wach, fit und engagiert und lassen sich nicht so schnell entmutigen..

Wie bei einer CM auch lockt das Radfahren immer verschiedenste Menschentypen an, oft genug auch seltsame, eigenartige oder schlichtweg nervige Zeitgenossen. Bisher waren die Nervensägen fast immer Männer, so meine Beobachtung. Ich hatte eine Bekannte entdeckt, die ich freundlich grüßte. War erst mal nett. allerdings hatte sie einen unmöglichen Schreihals im Schlepptau, den sie kannte. Der Typ war unerträglich! Ich habe Verständnis, wenn sich jemand über etwas aufregt, was gerade passiert ist, weil es für Radfahrende ärgerlich ist. Aber dieser Pfeifendeckel musste wie ein Marktschreier irgendwas erzählen, was ihm am Freitag widerfahren sei. Ehrlich, das interessiert hier NIEMANDEN! Ganz sauber war der Typ nicht. Und ob das alles so stimmt…oh nerv mich nicht mit deinem Sermon, als ob du ein Teenager wärst, der das noch nicht kapiert! Man muss bei rassistischen Äußerungen immer widersprechen, aber hier wußte ich nicht so recht, wie ich dran war. Wohl war mir bei dieser Unterhaltung nicht. Ich merkte bald, daß es keinen Sinn hatte, mit diesem Dummkpf auch nur ein vernünftiges Wort zu reden, er hielt sich für die Weisheit schlechthin. Als er im Kreisel vor dem Seepark abbiegen wollte, stürmte ich davon.

Der Seepark in Lünen-Horstmar war das Ziel der Fahrradsternfahrt Ruhr 2021, ein schöner Ort. Und ich hatte endlich den Horstmarer See gefunden! Seltsam… so lange wohne ich schon im Ruhrgebiet und das hier war immer noch terra inkognita für mich bisher gewesen. Schön, danach einige bekannte Gesichter und Freunde zu treffen! 🙂 vor lauter plaudern und Hallo sagen kam ich gar nicht zur Toilette!

Auf einer Bühne gab es Live-Musik, meist aus Jazz und Swing, leider keine Fahrradsongs – und Redebeiträge. Danke Herr Bürgermeister in Lünen, die Forderungen für besseren Radverkehr gibt es schon, die brauchen sie nicht mehr breit walzen! Und ja, die Fahrt hierher war sicher – weil die Polizei die Route abgesichert hat! In der folgenden Rede reagierte der Landesvorsitzende Axel Fell darauf passend: die Politik solle endlich machen, denn sie sitzt in den Rathäusen wo über Verkehrsplanung und Änderung der Verkehrsinfrastruktur entschieden wird. Es brauche genügend Personal, damit die beschlossenen Maßnahmen für den Radverkehr umgesetzt werden können. Ein gutes Radgesetz muss endlich her. Bei allem gebotenen politischen Ernst soll eine Sternfahrt aber auch Spaß machen – und den hatten wir beim Radfahren und miteinander klönen.

Die nächste Fahrradsternfahrt Ruhr wird nach Gladbeck gehen. Das Datum dafür ist noch nicht bekannt.

Danke an alle, die bei der Organisation mitgeholen haben und an die Polizei, die die Route abgesichert hatte.

Allen Radfahrer-/innen mit zwei oder drei Rädern, mit Lastenrad, Tandem, Faltrad oder Pedal-Bike allzeit eine gute Fahrt! Zeigen wir, daß es im Alltag auf dem Weg zur ARbeit, zur Kita, zum Einkaufen u.a. auch ohne Auto klappt!

Kinder auf´s Rad! DAS war die Kidical Mass in Dortmund am 18. September 2021

Kein durchgängig strahlender Sonnenschein, aber gutes Wetter und kein Sonnenbrand – das waren gute Voraussetzungen für die Kidical Mass im September 2021. Ich war als Ordnerin beim Zubringer in Eving, einem Stadtteil im Norden, dabei. Es waren nur wenige Kinder, die kamen, ein Polizist sprach scherzhaft von einer „1 zu 1-Betreuung.“ Alle Zubringer und die Kidical Mass-Hauptroute wurden von der Polizei Dortmund begleitet. Manch einer musste dabei seine Fahrkünste zur Schau stellen, wenn man schnell wieder nach vorne fahren wollte, um die nächsten Querstraßen abzusperren. Das sorgte für Verwunderung und ließ manche(n) die Nase rümpfen.

Am Nordmarkt war der nächste Zubringer geplant. Es kamen ein paar Kinder, aber niemand aus der Bevölkerungsgruppe, die den Großteil der Nordstadt ausmacht. Sehr schade. Dabei waren viele Kindergärten mit Infomaterial versorgt worden. Es braucht wohl in Zukunft eine Art Multiplikatior*innen, die dafür sorgen, daß auch Migrantenfamilien bei der Kidical Mass dabei sind. Schließlich gehören diese Menschen auch dazu! Nur zwei oder drei schwarze Kinder konnte ich später im Tremoniapark entdecken.

Die Kidical Mass war eine für Erwachsene zwar kurze und angenehme Tour. Hier und da freundliche Gespräche, die Kinder hatten auch ihre Freude am Radfahren. Nur am Ende, als die eigentliche Kidical Mass im Tremoniapark schon zu Ende war, war hier und da Geplärre zu hören, weil ein Kind hingefallen war etc. Gehört eben auch dazu. Es war für mich schön zu beobachten, daß das den Eltern nicht egal war, diese aber auch nicht überbesorgt wie die Stasi alles überwachen mussten. Dass dies nur ein kleiner Ausschintt aus dem Leben der Anderen sein kann, ist mir klar. Ich fühlte mich wohl unter diesen Leuten. Hier muss nicht ständig erklärt werden, was man tut und warum, hier kann man sich sicher fühlen, weil jede-/r den/die anderen respektiert und beobachtet. Und man tut etwas, wovon man gemeinsam überzeugt ist: für sicheres Radfahren im Alltag demonstrieren.

Es war auch schön, Freunde bei der Kidical Mass treffen zu können, die dabei waren (einer war sogar aus Köln angereist), obwohl sie keine kleinen oder jugendlichen Kinder mehr haben oder diese nicht dabei waren. Etwas, was mir während des harten sogenannten lockdowns sehr gefehlt hatte.Vor dem Herbst graust es mich allerdings. MOmentan sieht es nicht so aus, als ob die Politik es schaffen würde, den Coronavirus wirklich unter Kontrolle zu bringen. Nicht auszudenken, wenn wieder alle Konzerte, Radtouren etc. abgesagt werden müssen, um eine Übertragung des Virus zu verhindern.

Teilnehmende sammeln sich auf dem Friedensplatz. Foto: A. Steger
Eine Aktivistin von Fridays for Future Dortmund kündigt den Klimastreik am 24.09.21 an. Vorher gab es eine Ansprache zur Kidical Mass selbst. Fotos: eigene Fotos

Pracht (und Schmutz) am selben Ort: Tag des offenen Denkmals 2021 macht Widersprüche sichtbar

Industriegeschichte Dortmunds: das ehemalige Hoesch-Gelände ist heute ein Museum.

Heute sieht es klein aus. Auf dem Weg zum Museumseingang gibt es „nur“ zwei Häuser, die neue (helles Haus) und die alte Hoesch-Verwaltung (Backstein-Gebäude). Der Blick durch das Tor lässt die Größe des ehemaligen Stahlwerks zumindest erahnen. Im Eck das Pförtner-Haus (links im Bild). Die Firma Hoesch in Dortmund, das war wie Thyssen-Krupp in Essen: ein großer Arbeitgeber, der für Vielbeschäftigung sorgte – aber auch für viel Dreck und Lärm. An drei Standorten, in Dortmund West, heute die Huckarder Straße und UnionGewerbeHof, in der Stadt Hörde im Süden (heute ein Stadtteil von Dortmund) und eben im Dortmunder Norden an der Westfalenhütte wurde Stahl produziert. Um 1840 kam Albert Hoesch aus der Eifel (Düren) nach Dortmund und baute nach und nach sein Unternehmen aus. Man kann sich heute gar nicht mehr vorstellen, daß das heutige ehemalige Firmengelände mal Ackerland war und zu einem großen Stahlwerk wurde. Durch das Tor kann man auf einen Teil des ehemaligen Werksgeländes sehen, das heute noch teilweise von ThyssenKrupp genutzt wird (ein Kaltwalzwerk und eine Abteilung für Oberflächentechnik).

Tor neben dem Pförtnerhaus am Werksgelände Hoesch Westfalenhütte. Fotos: A. Steger

Wenn auch nicht so imposant wie die Villa Hügel in Essen, so wirken die Gebäude imposant und es werden Widersprüche deutlich. Große, geräumige Gebäude mit Verzierungen, die Eindruck machen sollten, die Herrschaft des Firmeninhabers manifestieren sollen, auch Ehrfurcht wecken oder einschüchtern sollten. Die Wohnungen für die Arbeiter aber waren in kleinen Häusern eingerichtet. Die Arbeitersiedlungen waren ebenfalls auf dem Firmengelände, aber nicht direkt neben dem Eingang.

Neben dem Pförtnerhaus und dem ersten Verwaltungsgebäude (Backsteinbau) die Villa eines leitenden Angestellten (dort steht heute das helle Haus, das ThyssenKrupp noch teilweise nutzt). Man wollte als Chef oder Stellvertreter des Chefs immer alles im Blick haben (anders als heute, wurde im Vortrag betont). Als Arbeiter und Bewohner der kleinen Häuser der Arbeitersiedlung muss es schon beeindruckend gewesen sein, bei Ankunft vor der Schicht diese großen Bauten vorf sich zu haben, während man selbst in kleinen Wohnungen leben muss. 12-Stunden-Schichten, immer von 6 Uhr morgens bis 6 Uhr abends, dann wieder bis 6 Uhr morgens. Leider auch heute in manchen Berufen immer noch Realität; gesund für den Menschen war und ist das nicht. Von Arbeitsschutz wie Lärm-/Hitzeschutz etc. am Arbeitsplatz ganz zu schweigen. Das Stahlwerk Hoesch brachte vielen Dortmunder-/innen Lohn und Brot, aber auch viel Dreck und Umweltverschmutzung, Verletzungen und Krankheit, auch den Tod. Der Lärm im Stahlwerk muss auch in der Umgebung des Firmengeländes, unerträglich gewesen sein. Diesen Eindruck gewinnt man, wenn man Berichte über die Zeit im 19. Jahrhundert liest.

Gegenüber neben der Straße, die eigentlich die Fortsetzung der Stahlwerkstraße ist, sieht man rechts neben der Straße nur eine Wand (im Hintergrund rechts). Hier soll ein neues Wohnquartier entstehen. Auch durch diese Absperrung entstand bei mir der Eindruck, daß das alles nicht so groß ist. Die Größenangabe habe ich mir nicht gemerkt, wer hier mit offenen Augen unterwegs ist, bekommt aber zumindest einen Eindruck der Größe der ehemaligen Firma Hoesch.

Rechts neben der Straße (hinten rechts) entsteht auf dem ehem. Firmengelände Hoesch ein neues Wohnquartier.

Das Pförtner-Haus ist heute der Museumseingang. Hier musste jeder Arbeiter vorbei, das Tor im Inneren (heute nicht mehr vorhanden) wurde immer nur zu Schichtwechsel für ein paar Minuten geöffnet. Marke von der Wand nehmen und auf zum Arbeitsplatz. Jeder Mitarbeiter hatte eine Marke. Wenn eine fehlte, wurde ein Suchtrupp losgeschickt. Diese Praxis soll heute auch noch bei Feuerwehren üblich sein. Es wird, auch mit modernen Arbeitsschutzmaßnahmen, immer Berufe geben, deren Ausübung mit Gefahren verbunden ist.

Das Pförtnerhaus von Hoesch, links im Bild. Mit dem Torbogen soll es 1 Einheit bilden.
Das Pförtnerhaus von Hoesch, links im Bild. Mit dem Torbogen soll es 1 Einheit bilden. Jeder Arbeiter
musste zu Schichtbeginn am Pförtner vorbei gehen.

Links sind große Fenster zu sehen, diese Häuserfront war zuerst offen gewesen. Dies waren Arkaden, unter denen man sich z. B. bei Regen unterstellen konnte. In diesem Gebäude war der Eßsaal. Die Angehörigen der Arbeiter, die zum Mittagessen den Henkelmann vorbei brachten, konnten dort auf diese warten (dass mir jemand Essen in die Arbeit bringt, das ich nicht bezahlen muss, das möchte ich auch mal erleben..) Funktionalität und Form in einem vorhanden, diesen Eindruck von Architektur kann man hier gewinnen.

Das Motto des Tages des offenen Denkmals 2021 war „Schein und Sein.“ Sind Gebäude nur dafür da, schön zu sein? Oder haben sie auch eine Funktion? Bei der Führung zur Architektur des Hoesch-Geländes spielte die Funktion der Gebäude immer eine Rolle, so mein Eindruck, auch wenn die Schönheit, die Ausgestaltung der Fassade nicht zu kurz kam. Keine aufwendigen Blumenornamente, keine Putten oder anderen Figuren – aber dennoch Elemente, die die Hauswand zieren. Das helle Gebäude ist die neue Verwaltung ab 1912 erbaut. Heute wird es noch vom Nachfolger ThyssenKrupp, genutzt. Manche sprechen auch von einer feindlichen Übernahme, die in den 1990er Jahren stattgefunden haben muss.

Blätteronament am Hoesch-Verwaltungsgebäude ab 1912.
Blätteronament am Hoesch-Verwaltungsgebäude ab 1912.

Hoesch ließ seine Häuser im Stil des Historismus erbauen, einem Stilmix aus verschiedenen Baustilen vergangener Jahrhunderte. „Euch fällt auch nichts neues ein“ könnte man frech sagen. Oder den Architekten* vorwerfen, sie würden nur Kitsch schaffen. Mein Eindruck auf dem ehemaligen Hoesch-Gelände, soweit zugänglich, der nur einer von außen sein konnte, war: hier wurde mit keinem Stil übertrieben, es gibt ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen Zierde und Funktionalität. Hier und da hätte sogar ein Blumenornament zu mehr Schönheit beigetragen.

Es war interessant, sich einmal nur mit der Architektur der Häuser auf dem Hoesch-Gelände zu befassen. Unverständlich aber bleibt, weshalb die Firma Thyssen-Krupp zu diesem besonderen Tag ihr Verwaltungsgebäude nicht für eine Führung geöffnet hatte. Offenbar ist ThyssenKrupp dieses kulturelle Erbe zu schwer, der „Aufwand“ zu groß, eine kleine Besucher*innengruppe in Begleitung des Werkschutzes wenigstens für 15 oder 20 Minuten das schöne Treppenhaus betrachten zu lassen. Wir standen als Besucher*innen nur vor dem Museum herum, konnten Fassaden und Bilder betrachten. So informativ der Vortrag war – die ehrenamtlichen Mitarbeiter-/innen sind sehr engagiert in ihrer Arbeit – so war es doch enttäuschend, nur ein Bild des prächtigen Treppenhauses zu sehen. Wie eine Zeitreise muss es sein, dort verweilen zu dürfen! Deshalb ein Appell an die Firma Thyssen-Krupp: lassen Sie uns Kulturinteressierte wenigstens an einem Tag des offenen Denkmals in Ihr Gebäude. Ihre Schreibtische interessieren uns nicht. Wir möchten nur das Treppenhaus sehen.

Verwaltung ThyssenKrupp ehem Hoesch. Darin das prächtige Treppenhaus.
Verwaltung ThyssenKrupp ehem Hoesch. Darin das prächtige Treppenhaus. Das Vordach war zuerst noch viel imposanter, der Eingang so gestaltet, daß Kutschen vorfahren konnten.

Informationen zum Hoesch-Museum Dortmund hier.

Informationen zum heutigen Eigentümer ThyssenKrupp in Dortmund hier.

Die Stiftung Denkmalschutz präsentiert sich hier.

Industriegeschichte Dortmunds: das ehemalige Hoesch-Gelände ist heute ein Museum.
Industriegeschichte Dortmunds: das ehemalige Hoesch-Gelände ist heute ein Museum.

Erobert die Stadt! Kidical Masses und Sternfahrt Ruhr im September 2021

Zu viele Privat-PKWs auf den Straßen, Engstellen, Falschparker*innen, deren Verhalten nicht gemaßregelt wird, Glasscherben und anderer Schmutz au Fuß- und Radwegen… das Radfahren in deutschen Städten ist noch lange nicht sicher. Wenn Menschen zum Umsteigen vom Auto auf das Rad bewegt werden sollen, braucht es sichere und gute Wege, um zur Arbeit, zur Kita oder zum Einkaufen fahren zu können. Die absurde Größe von Autos, vor allem des sogenannten „sportive Utility Vehicle“, kurz SUV macht es unmöglich, als Fahrer-/in eines solchen Fahrzeugs überhaupt ein Kind auf der Straße zu sehen. Diese „Autos“, die mehr Panzer als Auto sind, überragen ein 5- oder auch 10-jähriges Kind schon mit der Motorhaube. Platz zum Spielen bleibt ohnehin kaum, Parkplätze sind wichtiger, auf denen das Blech 23 Stunden am Tag rumsteht. Spiel-Platz, das ist nicht nur der separierte Bereich mit Rutsche und ‚Schaukel, das muss auch der Bürgersteig oder die Straße sein können!

Diese Zustände gilt es zu ändern. Die Stadt muss den Menschen, nicht privaten Fahrzeugen gehören. Dafür gibt es auch im Jahr 2021 wieder eine KIDDICAL MASS in DORTMUND, zeitgleich in vielen anderen Städten.

am: Samstag, den 18. September 2021

Start: 14 Uhr auf dem Friedensplatz in Dortmund

Ende: Tremoniapark (auf den flyern steht noch Westpark).

Es gibt auch Zubringer aus verschiedenen Stadtteilen, mit denen die Kinder und ihre Eltern zum zentralten Treffpunkt Friedenspaltz radeln können. Die Kidical Mass und all ihre Zubringer werden von der Polizei begleitet.

Genau Abfahrtszeiten und Orte für die Zubringer aus den Stadtteilen hier .

Dieses Wochenende in der Septembermitte ist ein richtiges Fahrradwochenende.

Am SONNTAG , den 19.09.2021 geht es für die Erwachsenen gleich weiter weiter: mit der STERNFAHRT RUHR 2021. In Lünen wird es zusätzlich eine Kidical Mass geben. Aus verschiedenen Städten raden Menschen nach Lünen, von der Ruhr zur Lippe und zeigen, da man auch ohne Auto und ohne klimschädliche Abgase gut vorankommt und sein/ihr Ziel erreichen kann. Für die Erreichung der Klimaziele ist das Fahrrad das Verkehrsmittle Nummer 1.

Die Zubringer-Routen sind die gedachten einzelnen Strahlen der Sterne, die Mitte und der Treffpunkt ist im Jahr 2021 die StadtLünen, nördlich von Dortmund, kurz vor dem Münsterland.

Zubringer-Routen und Abfahrtszeitpunkte hier.

Alle weiteren Infos zur Sternfahrt Ruhr hier.

Auch hier gilt das Motto: Verkehrswende JETZT!

Für sichere Wege im Alltag wie in der Freizeit!

Start: in Witten, Rathausplatz um 12.00 Uhr

Treffpunkt: 15.30 Uhr in Lünen-Horstmar, Seepark

Insgesamte Länge: ca. 34 km Strecke

Radfahrende bei der Demo im Juni 2021 Foto: Aufbruch Fahrrad

Parking Day im Kaiserstraßenviertel Dortmund am 17. September 2021

Die Stadt für Menschen statt Autos!

Ab 15 Uhr zeigen die Menschen in der Arndtstraße (Seitenstraße der Kaiserstraße), was alles möglcih ist, wenn nicht Autos die Straße zuparken. Zusammen in Ruhe sitzen, Kuchen essen, plaudern… vieles ist möglich. Nähere Infos bei der Nachbarschaftsinitiative KAISERN! .