„Da müssen wir jetzt durch.“

Es fing , ich meine, es war im Januar 2020, noch harmlos an. In den Nachrichten wurde darüber berichtet, dass in Starnberg in Südbayern ein Mensch an einer bisher unbekannten Krankheit, die der Grippe ähneln soll, erkrankt ist. Vorher war diese ansteckende Krankheit in China ausgebrochen und hatte viele Todesopfer gefordert. Was dabei richtig wütend macht: der Arzt, der die chinesische Regierung vor genau dieser Seuche gewarnt hatte und nicht ernst genommen worden war, starb im Februar oder März daran. Was will man von einem autoritären Regime auch anderes erwarten.

China, das ist weit weg. Reisende und ihre Angehörigen, die in Fernost gewesen waren, wurden in Germersheim im südlichen Rheinland-Pfalz, in einer Kaserne in die Quarantäne geschickt. Germersheim hatte ich bisher mit etwas Positivem, schönen verbunden: der Messe für Fahrrad-Enthusiast*innen und Nerds, SPEZI (die dieses Jahr auch ausfallen wird, https://www.spezialradmesse.de/home.html ) Sinnvoll, um die Krankheit an der Verbreitung zu hindern, aber was Quarantäne für die Betroffenen bedeutet: danach fragt niemand. Nachrichten, Gespräche zwischen Menschen, sogenannte „Experteninterviews“ sind voll von technischem Denken, Organisationsplänen, Analysen. Es war erschreckend und abstoßend, wie viel Platz in der medialen Berichterstattung diese Krankheit einnahm, deren Name nun ständig und überall auftauchte: COVID-19, ausgelöst durch den Corona-Virus. Woher der Name genau kommt und was er bedeutet, wurde in einem Video von der „Sendung mit der Maus“ sehr gut erklärt, das ich Ende März auf „Fratzenbuch Watch“ (Fachebook Watch) entdeckt hatte. Aber so richtig glaubte ich trotz täglichen Hörens der Sendung „Informationen am Abend“ von Deutschlandfunk nicht daran, welche Auswirkungen dieser kronenförmige Virus (daher der Name, lat. „Corona“ für „Krone“) haben würde. Nicht verharmlosen wollte ich das Thema, aber die Panikmache und das laute Geschrei der Boulevard-Medien ging mir mehr und mehr auf die Nerven. An meiner Arbeitsstelle sah ich oft Kolleg*innen ständig irgendwelche Artikel über angeblich oder tatsächlich neue Erkenntnisse zu diesen Virus lesen – das Robert-Koch-Institut war nicht dabei. Nicht einfach zu lesen diese Seite, manches ist für den Laien nicht verständlich aber: dort wird kein Unsinn erzählt. Mich ärgern Menschen, die immer wieder nur die Blöd-Zeitung lesen, obwohl es durchaus seriöse Angebote gibt, um sich über COVID-19 zu informieren.

Dann aber kam der erste Schock: die Stadt Dortmund verfügte, dass ab dem 12. März 2020 alle Veranstaltungen eingestellt werden sollten. Ich war gerade dabei gewesen, die letzten paar Kneipen und andere Institutionen in Dortmund mit Flyern unseres Jazzclubs domicil zu bestücken. „Das brauchst du jetzt nicht mehr tun“ sagte mir der Produktionsleiter zu mir am Telefon. Wir waren alle geschockt. Der Kneipenbetrieb lief noch, aus Protest gegen diese verdammte Situation ging ich abends im domicil ein Bier trinken. Abstand halten tat ich dabei immer, ebenso die Vereinskollegen, die ich traf. Alle waren in einer Art Schockstarre, einem Schrecken, den man nicht so schnell abschütteln kann.

Noch vor wenigen Wochen konnten wir uns beim Parcours freuen. Jetzt: gesperrt, eine fast unheimliche Stille.

Doch damit nicht genug: ab dem 17. März 2020 durfte auch der Kneipenbetrieb unseres Jazzclubs domicil nicht mehr öffnen. Die Meldungen, was alles nicht mehr sein darf, man kam schon gar nicht mehr mit, wurden in pausenloser Folge bekannt: das Stadttheater ist zu, das Konzerthaus muss seinen Betrieb einstellen, ab dem 16. März gibt es keine Hochschulsportkurse mehr. Ich fühlte mich, als ob ich eine böse Überraschung erleben müsste, an der ich keine Schuld hatte. Als ich 2003 in meiner alten Heimat das Mozart-Requiem im Chor mitgestaltete, hatte uns die Chorleiterin für das „Lacrimosa“ genau diese Stimmung als Vorstellung beim Singen mitgegeben. Dieses Stück aus dem Requiem, es passte jetzt richtig gut in diese immer absurdere Zeit, in einen Alltag, bei dessen Schnelligkeit an Veränderungen kaum mehr ein Mensch mitkommt, während draußen das öffentliche Leben still steht.

Ohne Beleuchtung und Beschriftung, leer und verlassen, wo sonst das Leben ist: der Jazzclub domicil während des Elends von Coronakrise. Eigenes Foto

Seit der Schließung aller Kinos, Clubs, Bars, Kultureinrichtungen, sprich: Beendigung des öffentlichen Lebens, lese ich fast jeden Tag die Seiten der Stadt Dortmund. Jeden Tag gibt es eine Zunahme an Infizierten, es werden aber – und das ist sehr positiv – auch die Anzahl der genesenen Menschen genannt. Die Mahnung, von anderen Menschen Abstand zu halten, wird fast gebetsmühlenartig verkündet. Ich halte mich daran, wenn ich auch zugeben muss, dass mir bisher nicht bekannt gewesen war, dass ich auch als gesunder Mensch den Virus weitergeben kann, ohne es zu merken.

Es ist klar: die Infektionsketten müssen unterbrochen werden, die Ausbreitung von COVID-19 soll zumindest verlangsamt werden. Zustände wie in Italien will man nicht, klar. Ich habe mitbekommen, was dort abgeht, aber ich hasse Leute, die mich ständig auf alles und dieses und jenes aufmerksam machen müssen, warum ich es nicht gelesen habe! Nein, ich lese nicht jeden verdammten Artikel über diese scheiß Krankheit, auch wenn es in der FAZ, dem Spiegel oder sonst einem Qualitätsmedium steht! Langsam wurde ich auch auf „pocket“, der Anzeige beim Feuerfuchs-Browser wütend, weil ständig Artikel zum Corona-Virus genannt wurden. Mit häßlichen Virus-Bildern und maskierten Menschen. Ich will das nicht sehen! Und es beruhigt mich nicht, nein, es macht nur noch wahnsinniger in dieser abartigen Zeit voller Wahnsinn!

„Man soll jetzt nicht über Italien moralisch urteilen. Die Welt ist noch am Lernen.“ Das sagte mir ein guter Freund und Journalist. Zufällig lese ich im Tagesspiegel online, dass eine Zeitung in Italien, ich glaube in der so stark betroffenen Lombardei, 10 Seiten Todesanzeigen druckt. 10 Seiten pro Tag. Gewohnt ist man vielleicht 3 oder höchstens 5 pro Ausgabe. Das zu lesen tut weh, auch, wie selbst ein in Krisengebieten erfahrener Apotheker langsam ratlos ist – einen Artikel dazu habe ich gelesen, das war in der taz. Auf Bildern, die im Internet kursieren, sieht man einen leeren Markusplatz in Venedig, einen leeren Petersplatz in Rom, leere Kanäle in Venedig… in den Nachrichten hört man, dass sich die Kanäle in Vendeig erholen, weil keine Kreuzfahrtschiffe mehr kommen. Die haben ohnehin nichts in der Stadt verloren. Tourismus: ja. Aber mit Bedacht! Doch mit Corona läuft nichts mehr, niemand kann mehr irgendwas besichtigen oder jemanden besuchen. diese Situation macht auch deutlich: die Erde braucht keine Menschen.

Jeden Abend: eine dunkle, geschlossene Schauburg (Kino). Grauenvoll, dieser Anblick.

Die Gscheiderln, die immer vorpreschen und sich als die Besten darstellen müssen, preschen auch jetzt wieder vor: das Bundesland Bayern (erstaunlicherweise hat sich dieses Möchtegern-Königreich immer noch nicht von der BRD abgespalten) verhängt Ausgangssperren. Schulunterricht ist in der ganzen BRD schon lange nicht mehr, 5 Wochen Osterferien gibt es dann sozusagen. Nur für den Weg zur Arbeit, zum Einkaufen, zum Besuch bei Ärztin oder Arzt oder zum Sport darf man raus. Ein Arbeitskollege zeigt mir ein Video, auf dem die Münchner Berufsfeuerwehr durch die Straßen fährt und Ansagen macht. Was für ein autoritärer Müll. Ich bin fassungslos. Schon interessant: gerade dieses Land, das jahrzehntelang vehement gegen alles aus dem „bösen“ Osten gewettert hat, greift nun auf genau dessen Vorgehensweise zurück, verhält sich wie der Staat, den man damals so verachtet und bekämpft hat. Aber am 3. Oktober wieder schön gegen den Polizeistaat von damals mahnen. Schuld sind immer nur die anderen, und die hocken im Osten. Weil jeder DDR-Bürger und -Bürgerin ein-/e überzeugte-/r Kommunist war. Ganz bestimmt. Nicht. Wie bin ich froh, dort nicht mehr zu wohnen. Eine Freundin in Nürnberg, die pensionierte Krankenschwester ist, sieht sich in ihrer Forderung nach Maßnahmen zur Eindämmung von Covid-19 bestätigt. Naja, ihr Beruf hat sie eben geprägt.

In Nordrhein-Westfalen, wo ich nun seit 5 Jahren wohne, geht man – zumindest bisher – besonnener vor. Es gibt kein absolutes Ausgangsverbot. Es gilt nicht mehr nur die Abstandsregel, es dürfen auch höchstens nur 2 Personen miteinander unterwegs sein, Familien ausgenommen. Der Appell, nur zu wichtigen Anlässen die Wohnung zu verlassen, folgt. Das macht für mich erst mal keinen Unterschied, weil ich meistens allein unterwegs bin. Zu meiner Freude empfiehlt die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, dass man seine Alltagswege doch mit dem Rad zurücklegen solle, weil man das allein tun könne, anstatt neben anderen in der Straßenbahn zu sitzen. Auch der ADFC NRW empfiehlt nochmals explizit das Radfahren.

https://www.adfc.de/dossier/dossier-radfahren-in-zeiten-von-corona/

Ein Gastronom versucht sein Glück mit Außenverkauf: Cocktails trinken trotz Corona. Und immer schön nur 2 Stühle nebeneinander.

Die Straßen sind fast jeden Tag ziemlich leer; oft fühle ich mich wie am Sonntag nachmittag, wenn ich über die Heiligegartenstraße, Grün- und Treibstraße zur Arbeit fahre. wie ein ewiger Sonntag nachmittag. Mein Zeitgefühl schwindet von Tag zu Tag, ich wache oft auf und wünschte, das ganze Elend mit der Krankheit COVID-19 wäre einfach nur ein böser Traum.

Wie an einem ewig andauerendem Sonntag-Nachmittag: die Treibstraße/Grüne Straße während der Corona-Krise. eigenes Foto.

Tatsächlich stelle ich bei mir selbst auch fest, dass ich mir mehr um das Wie beim ohnehin täglichen Händewaschen Gedanken mache, auf mehr Abstand als sonst in der Straßenbahn und anderswo gehe. Das offiziell verkündete Abstandsgebot ist fast paradox für mich. Die Öffentlichkeit und Gesellschaft, in der ich aufwuchs, hielt oft keinen Abstand zu mir und meinem Körper ein und benutzte meinen Körper und mich für die eigene Notgeilheit. Junge Mädchen und Frauen auf dem Dorf sind nichts wert und können ungestraft sexuell mißbraucht werden, niemand fragt, ob sie diese Berührungen wollen oder nicht. Lange Zeit forderte ich selbst, Abstand von mir zu halten, wobei das auf Dauer auch keine Lösung ist, denn: der Mensch braucht Berührungen.

https://nacktundneugierig.podigee.io/14-wissenschaft-koerperkontakt

Für Taschendiebe ist die Corona-Krise eine ganz blöde Zeit, wenn so wenige Leute unterwegs sind man sich niemandem mehr ungestraft nähern darf. Auf Facebook bekomme ich einen kleinen Shitstorm ab, weil mir die eine Pressemeldung des Kinikums Dortmund kräftig auf den Senkel geht. Vom Pressesprecher stammt dieser Text. Unmöglich! So kann man das nicht formulieren! Es geht in etwa so los: „na Ihr Egoisten? habt Ihr Euch in der Disco getroffen weil Ihr denkt, dass Ihr Euch als junge Menschen nicht anstecken könnt? […]“ In diesem Wortlaut ging es weiter. Sicher ist ein Appell zum Abstandhalten wichtig. Aber so formuliert wird niemand auf ihn, den Pressesprecher des Klinikums Dortmund hören! Das sollte genau er wissen! Als Journalistin weiß ich: SO erreicht man niemanden. Aber von den anderen Herrschaften im Fratzenbuch kapiert das niemand. Mich nerven diese Leute, die immer nur ‚technisch‘ denken. Die ständig Statistiken und Zahlen brauchen. Nein, ich will das nicht! Es macht mich und auch andere nur noch verzweifelter, wahnsinniger! Und ich kann auch auf den Podcast eines Christian Drosten getrost verzichten. Nicht, weil er ein schlechter Mensch oder schlechter Virologe wäre, sondern: ES GIBT NOCH ANDERE THEMEN ALS DIESER VERDAMMTE VIRUS im Frühjahr 2020, verdammt noch mal!!! Seine „Fans“ nerven. Bei allem Respekt und Sinnhaftigkeit von Wissenschaftsjournalismus: schweigt einfach mal einen Tag, geht in Euch und besinnt Euch auf das Nicht-Technische in der Coronakrise. Übt Euch endlich in Empathie! Das, was nicht nur mich umtreibt und sehr schmerzt: der Verlust jeder Kultur. Hört den Kulturwissenschaftler*innen und Soziolog*innen zu, anstatt die Medizin anzubeten!

https://www.deutschlandfunk.de/interview.693.de.html?drbm:date=2020-03-22

Nein, es ist nicht Sonntag nachmittag in der Fußgängerzone Westenhellweg. Im Hintergrund eine Polizeistreife.

Wie eine schleichende Krankheit verändert das Corona-Virus den Alltag. Das einzige, was von der Normalität geblieben ist, ist für mich die Fahrt zur Arbeit, meist mit dem Rad. Die Arbeit, die mein Broterwerb ist und mit meinem erlernten Beruf leider wenig zu tun hat, macht grundsätzlich Spaß. Aber sie erfüllt mich nicht und ist oft genug anstrengend. Alles, was der Kompensation für diese Anstrengung dienen würde, existiert nicht, ist wie ausradiert, plötzlich nicht mehr existent: meine Sportkurse beim Hochschulsport, alle Musikveranstaltungen. Der Anblick von geschlossenen, verschlossenen Türen erschreckt mich. Ich fühle mich wie in einem schlechten Traum, einer Zeitschleife, aus der ich nicht rauskomme. Wie Neo in „Matrix“ in verschiedenen Dimensionen sich bewegt, von denen nur eine real ist. In welcher Welt, in welcher Dimension leben wir nun? Wer oder was hat uns hierher gebracht, gegen unseren Willen?

Nicht mal mehr im Stadtgarten kann man im Abstand zueinander sitzen. Eigentlich übertrieben. Auch auf einer Sitzbank könnte man Abstand halten.

Wie lange ist das noch auszuhalten? Ich weigere mich, diesen scheinbar ewigen „Sonntag-Nachmittag“ , den man beim Durchqueren der Innenstadt spüren kann, als „Normalität“ anzuerkennen. So, wie es nun seit einigen Wochen ist, ist es nicht normal. Menschen sind keine Wildkatzen, die einzeln unterwegs sind! So sinnvoll, wie die Absagen sämtlicher Kulturveranstaltungen und das Abstandsgebot auch sind: ich kann dieses ständige „stay home – save lives“ nicht mehr hören. Dieses ständige erzwungene Alleinsein, das macht krank! Es ist paradox, wenn ständig Appelle zum Zusammenhalt verkündet werden, gleichzeitig aber Abstandhalten und Zuhausebleiben gepredigt wird. Schon bemerkt?

https://www.deutschlandfunk.de/gesellschaft-in-der-coronakrise-was-isolierung-und.676.de.html?dram:article_id=473467

Auch manche Witzeleien mit den Arbeitskolleg*innen können nicht die Freude am Sport und der dort erlebten Gemeinschaft ersetzen. Ja, ich habe schon schlechtere Arbeitsstellen gehabt und die Bedingungen sind gut, ich fahre meistens gern zur Arbeitsstelle. Das momentan viel gelobte HomeOffice funktioniert bei mir übrigens aus technischen Gründen nicht. Da ich im Service arbeite, ist mir eine Trennung von Arbeitsstätte und Zuhause auch wichtig, denn: Menschen, die bei uns anrufen, können richtige Arschlöcher sein. Deshalb ist psychische Hygiene durch physische Trennung von Arbeitsort und Wohnort so wichtig.

Das noch so gut vorgetragene Konzert im Live-Stream im Internet kann kein Live-Konzerterlebnis ersetzen. Es ist schön, wenn ein Igor Levit jeden Abend auf seinem Flügel für seine Twitter-Follower spielt. Tonqualität grauenhaft, aber: die Geste zählt. Danke für Ihre Heimkonzerte. Aber wer bezahlt ihn? Man muss es sich leisten können, sich als Künstler*in zu verschenken, wie die Neue Musikzeitung richtig schrieb. Gilt übrigens auch für den Pop-Bereich, für jede-/n, die oder der vom Musikmachen und Musik-Interpretieren den eigenen Lebensunterhalt verdient. Musik ist nicht nur schön, sie ist auch Arbeit und die muss wie jede andere Tätigkeit ordentlich bezahlt werden! Oder wie Karl Valentin richtig sagte: „Kunst ist schön, macht aber auch Arbeit.“

https://www.nmz.de/artikel/geschenke

Außerdem darf nie vergessen werden: Das Publikum ist nicht nur dafür da, die Künstler*innen zu bezahlen. Jedes Konzert, sei es ein Pop- oder Club- oder Klassikkonzert lebt davon, dass Künstler*innen auf der Bühne mit dem Publikum kommuniziert. Der Intendant des Opernhauses Dortmund hat nicht umsonst und zu Recht gesagt, dass er von per Livestream übertragenen Opern nichts hält, weil das nur „abgefilmtes Theater“ sei. Die Premiere der Oper „Die Stimme von Portici“ musste fast ohne Publikum stattfinden, nur die Presse hatte Zutritt bekommen.

https://www.deutschlandfunk.de/oper-die-stumme-von-portici-in-dortmund-revolte-im-schatten.1993.de.html?dram:article_id=472650

Der Noch-Schauspiel-Chef Kay Voges zu den verheerenden Auswirkungen auf die Kultur durch die Coronakrise: Kay Voges, Schauspiel Do zu corona: https://www.fr.de/kultur/theater/theater-regisseur-kay-voges-erwartet-viele-stuecke-ueber-corona-aeussert-befuerchtung-13654207.html

Bemerkenswert ist, dass das Corona-Virus das schafft, was der Klimawandel, der mindestens genauso bedrohlich ist für die Menschheit, nicht schafft: alle sind betroffen, allen ist dies bewußt und sie tun was dagegen. Die gesamte Welt. Der feine Unterschied: gegen Covid-19 werden sofort stark wirkende Maßnahmen ergriffen. Grundrechtseinschränkungen wie das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit akzeptiert. Kaum Zweifler gibt es, die Leugner* werden größtenteils verachtet und zurückgedrängt. Selbst die scheinbar allmächtige Wirtschaft und Lobbyverbände ziehen mit, auch wenn es Kritik gibt. Absurderweise wollen gerade große Firmen wie adidas und Heu&Mist keine Miete mehr zahlen, weil ihre Geschäfte geschlossen bleiben müssen. Hallo? Was sollen Besitzer kleiner Läden sagen?

Ohne Zweifel wird dieser Krankheitserreger die Welt verändern, Wirtschaftsunternehmen, ganze Wirtschaftssysteme und gewohnte Lebensabläufe werden sich ändern müssen. Ein Bekannter und Stadtplaner rechnet mit einem großen Arbeitsplatzabbau in der Automobilindustrie. Und warum? Weil „Covid-19“, der Name der Krankheit, ausgelöst durch den Corona-Virus, sehr bald spürbar und tödlich verlaufen kann und so viel bedrohlicher wirkt als eine andere, schon seit Jahren existierende Bedrohung. Von Stickoxiden und anderem Dreck, der den Klimawandel auslöst, fällt leider niemand bald tot um oder bekommt schmerzende Geschwüre oder Atemnot. Anders kann man sich die Untätigkeit oder die nur schleppend eingeführten Maßnahmen für den Klimaschutz (durchgeführt von verschiedenen Regierungen) nicht erklären. Die Veränderungen im öffentlichen Leben werden größtenteils erstaunlich gut akzeptiert und hingenommen, kaum jemand klagt über die Schließung von Kneipen, Theatern, Opernhäusern, Bibliotheken, Sportstätten. Auf manchen Straßen ist es, wie schon erwähnt auffällig ruhig, was mich als Radfahrerin auch freut. Auf anderen genauso voll wie sonst (Mallinckrodtstraße in Dortmund). Und dennoch ist da IMMER dieses ungute Gefühl, dass da was nicht in Ordnung ist, wenn eine Polizeistreife langsam durch die Fußgängerzone mit dem Auto statt auf Fahrrädern fahren muss. Schlechter Traum? Wahrheit? Hat mich das Super-Auto K.I.T.T. irgendwo hingebracht, wo ich nicht hin wollte? Welcher Tag ist heute?

Im Zuge der staatlich angeordneten Stillegung des öffentlichen Lebens wurde zur Solidarität mit v.a. der „Risikogruppe“ aufgerufen. Man solle für die älteren Leute Einkaufshilfen anbieten. Gerne hätte ich dies gemacht, aber auf Nachfrage bei meinem Bekannten gab es keinen Bedarf, dass jemand mit Lastenrad für andere einkauft. Mir selbst war und ist diese Zeit der Corona-Krise auch nicht geheuer, ich bin immer noch damit beschäftigt, dieses Grauen zu erfassen, dass mich an die Stimmung des „lacrimosa“ aus dem Mozart-Requiem erinnert: die damalige Chorleiterin und Kantorin dieser Kirchengemeinde hatte uns aufgegeben, beim Singen das Gefühl einer bösen Überraschung und Fassungslosigkeit zu empfinden und dies mit unserer Stimme auszudrücken. Zwar stirbt hier im Jahr 2020 im Gegensatz zu Pestzeiten früherer Jahrhunderte nicht jede und jeder, aber wenn das Kulturleben stirbt oder darbt, stirbt auch bald der (physische) Mensch. Manche glauben sogar an eine neue Solidarität.

Daran glaube ich nicht. Die Corona-Krise führt zu Verhaltensweisen der Menschen, die erschreckend sind. So sehen die Regale im Supermarkt und in Drogerien aus, wo sonst Toilettenpapier, Küchenrollen, Taschentücher und Nudeln lagern. Alles andere als ein solidarisches Verhalten.

Keine Chance, wenn zuhause das Klopapier alle ist. Foto: A. Steger

Zwar muss ich nicht für einen Mehr-Personen-Haushalt einkaufen, dennoch machen mich solche Verhaltensweisen wütend! Wie egoistisch, aggressiv und dumm muss man sein, übermäßige Einkäufe zu tätigen??? Was soll das? Steht ein Krieg bevor? – NEIN! SCHÄMT EUCH!

WOFÜR braucht man Unmengen Küchenrollen u.ä. zuhause während der Corona-Krise???

WOFÜR braucht selbst ein mehrköpfiger Haushalt solche Unmengen an Toilettenpapier, Küchenrollen oder Taschentücher? Scheißen die sich vor Angst vor dem Coronavirus in die Hose, weshalb sie soviel Scheißpapier brauchen? Ihr seid doch nicht mehr ganz dicht!

Diese seltsame, absurde, verrückte Zeit, in der man nicht weiß, was man denken soll, in der ein Familienvater und Fahrrad-Enthusiast auf Twitter zu Recht die Frage, was nun werden soll, stellt, bringt auch neue Witze hervor. Ja, auch das habe ich bemerkt. Da ist ein Cartoon, der zwei suchende Augen zeigt, die sich in einer Art Festung, die nur aus Klopapierrollen besteht, herausschauen. Ein Videoclip zeigt eine Katze in einem Zimmer, die über eine immer höhere Rampe aus Klopapierrollen springt, dazu eine Art Sportkommentation auf französisch. Schon witzig, ja. Gleichzeitig klingt alles wie ein trauriger Nachruf auf ein Leben, das normal verlief, in dem man sich nicht ständig Gedanken darüber machen musste oder sollte, welchen Türgriff man angefasst und ob man sich ja auch immer die Hände gewaschen hat. Es strengt an, dieses Leben. Mehr als sonst. Dazu die Hysteriker mit ihren Mundschutzmasken. Boah! Bin ich hier in einem verdammten Operationssaal oder im Krankenhaus – oder auf der Straße im öffentlichen Raum?? HÖRT AUF DAMIT! Das bringt die Menschen nur noch mehr auseinander, macht sie mißtrauisch und zu Feinden! Nur bei alten Leuten verstehe ich, dass sie Masken tragen.

Der Anblick von gestapelten Stühlen im Café, und sei es nur bei einem Bäckereistand im Supermarkt, ein Absperrband am Spielplatz, an der vorderen Bustür vom Linienbus… das alles ist NICHT NORMAL. Ausnahmezustand, dauerhaft. Manche reden sogar vom Einsatz des Militärs im Inland. LASST DAS. Wir haben keinen Krieg! Das alles wirkt abweisend, lebens- und menschenfeindlich.

In der Zeit der Corona-Krise fühle ich neben all den Enttäuschungen, dem Entsetzen, der Fassungslosigkeit auch eine große Müdigkeit. Nicht nur, weil ich nicht zu den Sportkursen des Hochschulsports kann, sondern auch, weil genau in dieser Zeit die Sinnlosigkeit des menschlichen Lebens so deutlich wird. Klingt pathetisch, ist aber wahr. Und langsam habe ich keinen Bock mehr auf das ganze. Die Haltung, die auch ein Herr Harkort vertritt, so wie ihn dieser Künstler geschaffen hat.

Herrn Harkort in Hombruch passt auch etwas nicht. Mir auch.

Es gibt staatliche Hilfen für Kleinstunternehmer*innen und Kulturschaffende, ja. Aber wird das ausreichen? Ein Inhaber eines Sportfachgeschäftes sagte mir, dass er schon nach 3 Wochen einen Umsatzeinbruch von 80% hätte, nur hätte er im Gegensatz zu den Gastronomen eben noch die Ware als Gegenwert. Zwei kleinere Fahrradhändler bangen um ihre Existenz. Das alles deutet auf eine Zukunft hin, in der niemand wirklich leben will.

Hätte ich doch nie Abitur gemacht.

Hätte ich nie ein Opernhaus oder Konzertsaal betreten.

Wäre ich in dem scheiß abgelegenen Kaff geblieben, wo ich aufwachsen hatte müssen, wäre ich dumm geblieben, dann könnte ich wie andere diesen ganzen Corona-Müll einfach hinnehmen, ohne ständig nachzudenken. Oder ich wäre so ein Technik-Gläubiger und Technik-Trottel geworden, der oder die jeden Tag alles über Covid-19 liest und zu wissen glaubt, obwohl es nicht wirklich was neues gibt (ich habe da meine Zweifel). Ich hasse diese Leute! Eigentlich gehören sie alle zwangsweise in regelmäßige Soziologie- und Psychologie-Vorlesungen gesteckt. BESCHÄFTIGT EUCH GEFÄLLIGST MIT DEN SOZIALEN FOLGEN, Ihr Technik-Deppen! Und hört auf, die Naturwissenschaft anzubeten! Mancher hat schon wohl heimlich einen Drosten-Altar zuhause, so wie früher die KatholikInnen v.a. im Mai zuhause sich einen Marienaltar aufgebaut hatten, was? Man kann das kitschig und dümmlich finden, aber: der Marienkult mag auch nerven, aber er nervt nicht so sehr wie der Kult um Drosten. Wobei ich glaube, dass er selbst nicht wie ein Heiliger verehrt werden will, weil er um seine Grenzen weiß und diese Star-Verehrung nicht nötig hat.

Verstehen Sie mich nicht falsch: ich hasse VerschwörungstheoretikerInnen genauso. Von mir wird NIEMAND ANGEBETET, weder die Medizin noch die Homöopathie. Weder Herr Drosten noch irgendein bedeutender Heilpraktiker/bedeutende Heilpraktikerin. Auch wenn ich es leider nicht erleben werde: ich wünsche all den Technik-Gläubigen, die Deppen, die nur auf diese verdammten Zahlen über Covid-19 ständig spekulieren, als ob sie Börsen-Geschäfte machen würden: einmal werdet Ihr aufwachen und merken, dass Euch eure elende Naturwissenschafts-Versessenheit nicht mehr hilft. Verdammt, warum spüre ich was, was mir fehlt? Was ist das? Ich werde mich doch nicht mit Gefühlen beschäftigen müssen? Was war das noch mal? Kann man das berechnen, in Zahlen ausdrücken? Aber neeeiiin, das ist so irrational! Zu blöd, dass der Mensch keine Maschine ist! Und selbst die Gscheiderln von der Schulmedizin kapieren langsam, zumindest langsam, dass der Geist, die Psyche so wichtig für die Heilung des Körpers ist. Es ist u.a. vom „broken-heart-syndrom“ die Rede (schnauf, Glück gehabt, es wird wieder wissenschaftlich!) Und das hat NICHTS mit Homöopathie oder Verschwörungstheorien zu tun.

Anderen helfen in der Corona-Zeit… hätte ich gern gemacht. Allerdings wollte ich umziehen, raus aus einer schimmligen Wohnung, um die sich der Vermieter seit Jahren einen Scheißdreck kümmert. Nach 5 Jahren habe ich den Kampf aufgegeben, erst seit einem Jahr etwa habe ich beim Mieterbund einen Rechtsanwalt gefunden, der sich wirklich für mich einsetzt. Aber die Hunde sind schon schlau, sie wissen genau, wie weit sie gehen dürfen, um ihrer unendlichen Gier nachzukommen. Nicht, dass Mietzahlungen zu verlangen grundsätzlich falsch oder schlecht wäre. Was mich wütend macht ist die Verantwortungslosigkeit, mit der dieser Vermieter auftritt: da wird gerade mal die Fassade schön gestrichen, aber innen sind die Wände ramponiert, die Treppenstufen ausgetreten, die Wohnungstüren so windig, dass man nur dagegen hauchen muss, damit sie aufgehen. Auch als selbstbewußter Mensch kann man sich in solch einem Haus nicht mehr sicher fühlen.

Gleich eins vorneweg: schaffen Sie sich nicht so viele Bücher und CDs an. Das ist mit ein Grund, weshalb ich an einem Tag nicht fertig wurde mit dem Transport meiner Sachen. Seit dem ca. 20. April bin ich mit dem geliehenen Lastenrad fast jeden Tag mindestens 1x hin- und hergefahren, um die alte Wohnung leer zu bekommen. Auf den Straßen der Nordstadt Dortmund immer wieder Menschen, hin und wieder fordert die Polizei, meist über Lautsprecher auf, dass sie sich nicht versammeln sollen. Rein rechtlich geboten, manche mögen vielleicht auch krumme Geschäfte im Sinn haben, aber: dennoch absurd. Denn der Mensch ist keine Wildkatze, die allein durch die Gegend streift!

Zur Einsamkeit, die aufgrund des Versammlungsverbotes noch schlimmer für mich ist, kommt noch der Ärger mit dem alten Vermieter hinzu, der nun die ganze Mai-Miete sehen will, weil ich über das Kündigungsdatum des 30. April hinaus die Wohnung noch nutze. Stimmt, es sind noch ein paar Sachen drin. Diese Mail war erst mal ein Schock. Aber ich werde niemals die ganze Mai-Miete zahlen! Jetzt haben sie es eilig, bei der Aufforderung, den Schimmel endlich zu entfernen, das war scheißegal!

Sicher habe ich es einerseits gut, weil ich mir die Wohnung mit niemandem teilen muss. Aber weil meine biologische Familie kaputt ist (nur kurz: meine Mutter tut das im Kleinen, was der Wahnsinnige und Kranke auf dem US-Präsidentenstuhl im großen macht – und nein, die ARD-Serie „Mord mit Aussicht“ ist NICHT LUSTIG), besteht mein Sozialleben nunmal aus der Gemeinschaft bei Sportkursen, bei gemeinsamen Stadtrundfahrten wie der Critical Mass, der Kidical Mass , der ADFC-Sternfahrt. Das ist alles abgesagt, das Sozialleben tot. Das tut unendlich weh. Und macht mich auch unendlich wütend.

Verstehen Sie mich nicht falsch: ich kann das Versammlungsverbot nachvollziehen, auch dass man sich nicht zu nahe kommen darf. Es ist und war beim Hochschulsport nicht üblich, sich großartig wie z. B. durch eine freundschaftliche Umarmung zu berühren. Aber sich überhaupt nicht treffen dürfen, das ist so bitter, macht mich einfach nur noch fertig. Beim letzten Parcours-Kurs, der mir so viel Spaß machte, weil man dafür kein Halbprofi sein muss, hatte ich noch domicil-Flyer (domicil: Jazzclub n Dortmund) verteilt, es sah so aus, als ob man sich neben dem Sport auch mal dort treffen und nett plaudern könne. Das ist jetzt alles tot und wird es bleiben. Ich glaube aus verschiedenen Gründen nicht an eine Zeit nach Corona. Unser Trainer, kein Angestellter des Hochschulsports, lebt von u.a. diesem Kurs. Ich hatte ihn kurz nach Ausbruch der Coronakrise gefragt, per Nachricht, wie es ihm ginge. Bis heute kam keine Antwort, aber ich befürchte nichts Gutes. Es ärgert mich auch sehr, nicht im Fitnesszentrum trainieren zu können. Ich will nicht zu einer zweiten Regina Halmich werden, aber die Fehler und die Faulheit und Dummheit einer Verwandtschaft vermeiden, die nach der Fressewelle der 1960er Jahre nicht mehr aufgehört hat, zu konsumieren und heute nur über Herz-Kreislaufkrankheiten und Adipositas jammert (und dabei ganz wichtig: dicke Männer sind noch okay, aber Frauen bitte gefälligst nur, wenn sie nachweisen können, auch Kinder produziert zu haben. Dann ist die Wampe gerechtfertigt).

Was heute der Sport ist, war zuerst der Chor. Jahrelang hatte ich immer in einem Chor gesungen, es hat mir auch immer wieder geholfen, mit psychischen Schwierigkeiten fertig zu werden. Gerne hätte ich, als ich vor 5 Jahren nach Dortmund gezogen war, das Singen weiter betrieben. Der zweite Chor, bei dem ich mich vorgestellt hatte, war mir sympathisch, ich hatte auch den Eindruck, dass ich eingeladen gewesen war. Leider wurde es ncihts, weil der Chor schon zu viele Altistinnen hatte. Die Absage konnte ich dem Leiter nicht übel nehmen, dennoch war es und ist es für mich ein herber Rückschlag. Ich komme mir oft vor wie Wolfgang Borcherts Titelfigur in „draußen vor der Tür.“ Und nun habe ich es satt, so satt, immer noch zeitweise Teil einer Gemeinschaft zu sein. Im Studierendenchor damals leider traurige, alltägliche Realität, weil mal wieder jemand sein Studium abgeschlossen oder abgebrochen hat.

Zu meiner großen Verwunderung lese ich immer wieder auf dortmund.de oder den RuhrNachrichten, dass Menschen während der Corona-krise geheiratet haben. Weil ab 27.4. im ÖPNV und Geschäften und in Ämtern Masken getragen werden müssen, gerät das Leben zu einem einzigen absurden Maskenball. Die Braut mit Mundschutz, die Gäste weit auseinander stehend, als ob sie miteinander nicht szu tun haben wollten. Mich ekeln diese Masken auch deshalb an, weil sie mich an ÄrztInnen, an alles Schlechte und Schmerzhafte, Ernste erinnern. Eine Maske IST NICHT HARMLOS, sie inst ein Warnsignal! Auch wenn es für eine Medizinerin oder Pfleger Alltag sein mag, so ein elendes Ding anzuziehen, für uns Zivilisten* IST ES DAS NICHT! Ich halte zwar nichts vom Heiraten, aber: Hochzeit in Coronazeiten abzuhalten, das ist so, als ob ein Fleischer/Fleischeirn oder Gemäsehändler-/in plötzlich nur noch aus Woalle gehäkelte Würste bzw. Gemüse statt echter Ware anbieten würde und eine Kundin oder Kunde ihm dann auch noch sagen würde: jaaa, ich rieche den Duft ihrer Papaya-Früchte oder ihrer Wurst! Ganz klar. Bei einer Hochzeit, in der es auf Nähe, auf Vertrauen, auf Zusammensein ankommt Maske tragen! Wäre es doch nur Theater statt Realität gewesen!

Anfang April musste ich auch Geburtstag haben. ein runder Geburtstag, den ich nicht erleben will. Am Tag selbst kommt kaum gute Laune auf, weil diese verdammten schweren Beine mich kaum loskommen lassen. Gern wäre ich zum Schloß Hülshoff ins Münsterland gefahren, aber dort ist sogar der Park geschlossen, was mich erbost. Dann lasst doch Euren Scheiß, dort brauche ich nicht mehr hin! Ich war schon einmal dort gewesen, um Ruhe nach einer schweren Enttäuschung zu finden. Nur für eine Minitour, vorbei an einem verlassenen Biergarten, hat es gereicht. Als Kind freut man sich noch darauf, älter zu werden. Ab einem gewissen Alter ist das aber nur noch ein Graus. Nein, mir braucht niemand mit Gegenreden kommen. Schaut Euch diese verdammte Gesellschaft doch an! die Jugend wird verehrt und alles, was über 30 oder gar 40 ist, wird verachtet. Erst recht, wenn man zu den Verdammten gehört, die erst nach dem Beruf das Abitur und Studium absolvieren hatten können. Die so froh waren, das geschafft zu haben, nur um dann erneut festzustellen: sie sind nicht erwünscht. Oder man ist schlichtweg zu alt für Freundschaften oder gar Partnerschaften, das ist schmerzlich, aber nachvollziehbar, dass es so ist. Und ja: ich bin wütend und verbittert, auf all diejenigen, allen voran meine Mutter und andere Ereignisse, die mir ein Abitur in früheren Lebensjahren verweigert haben!

Literaturtip von Soiologie-Professor Stephan Lessenich: Soziologie des Alterns. (juhuu, Wissenschaft! Wenn auch keine Naturwissenschaft, ich weiß).

Im ganzen Umzugschaos, der Erschöpfung und,dem ganzen Frust über die Corona-Krise hätte ich fast mein Abitur-Zeugnis weggeworfen. Heute tropfnaß aus,dem Abfall,gefischt. Mein BA,Zeugnis muss auch noch drin stecken, macht aber nix, die Papierabholung ist nicht in den nächsten Tagen.
Dieses Versehen spiegelt aber auch die Realität wieder: dass meine Abschlüsse nichts,wert sind. Jede Absage für ein im Beruf der Journalistin so notwendiges und,wichtiges Volontariat o.ä. wurde abgelehnt bisher. Danke für michts, LWL-Industriemuseum Zeche Hannover! Entschuldigung, dass ich nicht blond oder,dürr oder nicht jung genug gewesen war!!!
Ich hätte,den Job,gerne gemacht. Erst recht, weil ich einen BA-Abschluss in Kulturgeschichte habe. Aber das ist ja nichts wert. Wer keine 25 mehr ist, kann die Schrott-Arbeiten machen, damit diese verdammte Gesellschaft funktioniert.
Mein Brotjob ist momentan nicht so schlecht,wie frühere. Aber er erfüllt mich nicht und ich will damit nicht sterben. Ich,will mit Rundfunkjournalismus mein Geld verdienen, verdammt noch mal.
Wer mir jetzt widerspricht, dass ich mich,selbst nicht abwerten soll:-das tue ich nicht, das machen all,die Institutionen, die mir Absagen schicken und sich für jüngere entscheiden. Alte Menschen, dazu gehören,auch Menschen über 30 oder ab,40 Jahren, sollen gefälligst die Schnauze halten und die Drecksarbeiten,erledigen. In unserer Gesellschaft herrscht ein Jugendwahn. Da nützt das beste Selbstbewusstsein nichts.

Wer mir,widerspricht, ich,solle mich nicht abwerten, der oder die soll mir mal flugs einen anständigen Volontariatsplatz besorgen. Und zwar nicht bei einem scheiß Anzeigenblatt oder Privatsender. Sondern bei einer anständigen Institution, die anständig bezahlt wie der WDR.

Weil das mit großer Wahrscheinlichkeit nicht passieren wird, weil ich zu alt -siehe der Wortlaut absurder Stellenanzeigen – bin und mein Arsch nicht blond und nicht,schlank genug ist (die Entscheider bei Personalfragen sind zu oft Männer), plädiere ich sehr für den Abgang,der gesamten Menschheit. Die Corona-Krise bietet die Möglichkei ,dazu. Irgendwann ist meine Geduld zu Ende. Denn ich nicht nicht so dumm, bis zum St. Nimmerleinstag zu warten.
Eine, sie mich damals aus,dem Campusradio Jena mit rausgeworfen hat, macht jetzt Volo bei Deutschlandfunk Kultur . Ich wünsche ihr von Herzen,eine immer offene Büchse der Pandora. Meine Bewerbung nur für ein Praktikum war nichts wert gewesen. Aber dann in ein paar Jahren jammern, dass die sogenannte Arbeiterschicht nicht bei den Journalisten* vertreten ist! IHR WIDERT MICH mit eurer akademischen Verlogenheit SO AN!!!

Beim WDR gibt es das Programm „Grenzenlos“, das Migrant-/innen ermöglichen soll, für den WDR zu arbeiten. Das ist richtig so und wichtig, denn es sollen diejenigen Medien gestalten, die auch hier leben. Dieses Land Deutschland besteht nunmal nicht nur aus weißgesichtigen, blau- und grünäugigen Menschen. Jeder Sender, jedes Medium, erst recht die öffentlich-rechtlichen, sollen, MÜSSEN solch auch ein Programm für Berufseinsteiger meiner Altersgruppe, ab 30 bis in die 40er Lebensjahre hinein auflegen! Und keine Ausreden, von wegen, man habe kein Geld dafür! Wofür werden Rundfunkgebühren bezahlt? Und dann ist die Kamera oder das Aufnahmegerät, das man benutzt, eben mal 2 Jahre alt! Klar, nach dem Tonband sehne ich mich auch nicht zurück. Ich wäre froh, mir ein gebrauchtes leisten zu können, was auch wirklich was taugt!

Ich lasse nun auch mein bisheriges Leben passieren und mir fällt viel auf, was nicht geklappt hat, was grundsätzlich falsch läuft. Die ganzen miesen Täterinnen und Täter, die mich gemobbt haben und die feigen, dummen Lehrer-/innen, deren verdammte Aufgabe es gewesen wäre, diese Täter zu bestrafen! Wenn die Corona-Krise überhaupt irgendeinen Nutzen, eine gute Folge haben soll, dann die: endlich eine Gesetzgebung, die ohne jede Verjährung alle, wirklich alle Mobbing-Taten und Sexualstraftaten ahndet! doch dafür müsste erst die CDU verboten werden, diese Partei verhinderte regelmäßig gerechtere Gesetze für die Opfer jeder Gewalt. Ich hasse die Täter-/innen bist heute. Und es ist ein Skandal, dass Menschen, die andere nachhaltig so verletzen, nicht lebenslang im Gefängnis sitzen müssen. Und doch, man sieht diese Verletzungen, auch wenn sie nicht auf der Haut oder in den Organen zu sehen sind, Ihr Pfeifen! Kein Friede mit den Täter-/innen, niemals! Ohne Sühne, ohne Bestrafung kein Friede, keine Ruhe für die Opfer!

Zum Vergleich: Kaugummidiebe* und Schwarzfahrer* werden hart bestraft, während Mobber weiterhin ihre tödlichen Straftaten verüben. Nur wenn sich dann jemand umbringt, dann geht wieder das allgemeine Gejammer los. Hört mir doch auf mit der Heuchelei! Schafft Gesetze, die diese Hunde bestrafen!!!

In dieser Gesellschaft will ich NICHT alt werden. Dann lieber vorher sterben, als von einer meist weiblichen, schlecht bezahlten, wenig gebildeten und immer grantigen Altenpflegerin rumgeschoben, gewaschen und im schlimmsten Falle wie ein Kind gefüttert werden müssen. Von den ersten Verfallserscheinungen, die schon mit Mitte 30 auftreten können (schwere Beine morgens, weil die verdammten Venenklappen nicht mehr so funktionieren, wie sie sollten) ganz zu schweigen. Nein, lassen wir es. So wichtig sind wir Menschen nicht.

Woooow, jetzt geht wieder die Beratungs-/Selbstbewusstsein-Stärken und blabla-Maschinerie los. Nein danke, hatte ich schon. Hören Sie auf, von den Opfern zu fordern, dass sie sich beraten lassen sollen! Bestrafen sie die Täter-/innen, die haben das bitter nötig! Ganz gleich, wie lange diese Taten schon zurück liegen, sie müssen geahndet werden! Stellen Sie Forderungen an die Täter-/innen, nicht an die Opfer! Die haben schon genug gelitten!

„Da müssen wir jetzt durch.“ Nein, müssen wir nicht. Ich glaube nicht mehr daran, dass manches nach der Coronakrise besser wird, dass z. B. dieser Wahnsinn der forderung nach immer mehr Wachstum endlich aufhört, dass die Politik sich endlich auf eine lebenswerte Zukunft einrichtet und den Klimawandel wirklich aktiv bekämpft. Dass dieser Autowahn im deutschen Straßenverkehr, der so vielen Menschen, nicht nur Radfahrenden, täglich Kraft, zuviel Nerven, zuviel Zeit und das Leben kostet, aufhört. Dafür müsste man die CDU als zukunftsfeindliche Partei verbieten. Das wird aber kein BVG durchgehen lassen. Allen voran unser „toller Wirtschaftsminister, der von mir meistgehaßte Politiker, der auch schon über Fridays for Future schimpfte, als ob da ein paar Teenager für billigere Pullis statt für ihre Zukunft protestieren wollten, ist ein Hauptverantwortlicher für die zukunftsfeindliche Politik in diesem Land.

Vielleicht bekommen manche Menschen jetzt mehr Geld, weil man den Wert ihrer Arbeit als Pflegekraft, Rettungsassistentin, Verkäuferin etc. endlich erkennt. Vielleicht. Ich habe meine Zweifel daran.

„Da müssen wir jetzt durch.“ Nein, müssen wir nicht. Von dem ganzen Elend der möglichen Partnerschaft, dem ewigen, sinnlosen Bangen und Hoffen will ich gar nicht reden. Nur so viel: wer sich bald 20 Jahre nicht für eine Frau interessiert, der soll einfach nur noch das Maul halten und mit Freundschaft sich zufrieden geben. Nach einer schweren Enttäuschung, die mir fast das Leben gekostet hätte (wooow, ja ich weiß, jetzt wird es wieder kitschig und so ganz schlimm unwissenschaftlich für die Technik-Verliebten, tut mir nicht leid für Euch Unverständigen), der Beobachtung der Gesellschaft und den Büchern der Soziologin Eva Illouz („Liebe im Kapitalismus“) habe ich es aufgegeben, in diesem Leben wirklcih noch Liebe zu finden. Von all den armen Schluckern, Trotteln und auch Psychopathen, die meinten, mich emotional (nicht finanziell) ausnutzen zu können, gar nicht zu reden. Die in einer Frau nur ihr Dummchen, das si in ihrer Unselbständigkeit bekocht, ihre Hure und Sozialarbeiterin ist, weil sie selbst unwillens oder unfähig sind, sich slebst um die eigenen Probleme zu kümmern. Lasst es einfach. Lassen wir es einfach. die Corona-Krise gibt uns die Chance dazu, endlich mit der menschlichen Existenz Schluss zu machen. Und zwar alle. Noch einmal umziehen (das habe ich gerade gemacht), noch einmal zur Arbeit gehen, noch einmal Freunde anrufen, noch einmal Radfahren, Musik hören… und dann geordnet alles menschliche Tun und Leben beenden. Die Radiosender stellen nach und nach ihren Betrieb ein, das Programm von DLF Kultur, was ich ein- oder zweimal während der Coronakrise gehört hatte, war grauenhaft gewesen. Kein Wunder, ohne Theater- oder Konzertaufführungen gibt es auch ncihts zu berichten. Irgendwann sind auch die Streaming-Tips nur kalter Kaffee.

Diejenigen, die nicht technikgläubig sind, können sich dann über zoom oder andere Konferenzplattformen dann bis zum Ableben aus den Büchern von Eva Illouz vorlesen, oder aus Albert Camus`“Die Pest.“ Weitere Literatur: Margarete Stokowskis „Untenrum frei“ für alle, die immer noch nicht wahrhaben wollen, dass Sexismus verboten und bestraft gehört.

Wer diese Verweigerungshaltung gegenüber der angeblich bevorstehenden Zukunft nach der Coronakrise nicht nachvollziehen kann oder will, dem empfehle ich dringend „Bartleby the Scrivener“von Herman Melville. Auch das eignet sich zum gegenseitigen Vorlesen.

Und ganz wichtig: der Soundtrack zum Abgang der Menschheit. Nur um die Kunst ist es schade, wenn der Mensch nicht mehr ist. Denn die Tiere können weder Kunst erschaffen noch deren Wert und Inhalt begreifen. Die Playlist zum Abgang der Menschheit:

  • Oscar Petersons Version von „summertime“
  • erst recht wegen enttäuschter Liebe: „Back tu black“ von Amy Winehouse
  • Weil ich nicht mehr kämpfen mag und kann: „Kapitulation“ von Tocotronic
  • Und wer es lieber „klassisch“ mag: Richard Strauss „Tod und Verendung“ (die negative Version seiner Komposition „Tod und Verklärung“, denn es gibt hier nichts zu verklären) oder die Bach-Kantate „ich habe genug“
  • und kurz vor Schluss, da darf es ruhig auch noch mal rührselig werden: der „Abendsegen“ aus der Oper „Hänsel und Gretel“ von Engelbert Humperndinck.

Wenn endlich Schluß ist mit allem menschlichen Leben, dann muss ich und alle anderen Opfer auch nicht mehr über die Mobber, über schlampige, verantwortungslose Vermieter, Idioten* im Straßenverkehr, über Psychopathen, die frei herumlaufen dürfen, ärgern. auch nicht über die widerlichen Trottel, die mich anmachen wollen und oftmals meine gerade andauernden schwachen Momente ausnutzen wollen (kein Mensch ist ständig 24 Stunden psychisch total stark und wehrhaft!) Keine Schmerzen mehr, auch nicht wegen Einsamkeit. Und vielleicht gibt es wie in Astrid Lindgrens „die Brüder Löwenherz“ eine zweite Welt, in der man die wenigen Menschen, die einen wirklich geliebt haben, die aber gewaltsam aus diesem Leben gerissen wurden und man wieder nur den Arschlöchern ausgesetzt war (Familie) wieder treffen kann. Von der christlichen Scheiße will ich gar nichts wissen, mit dem Müll musste ich aufwachsen. Ich wäre schon zufrieden, wie Demeter in den Hades hinabgehen zu dürfen, um Verstorbene treffen zu können und ihnen das sagen zu können, was im Leben nicht möglich gewesen war zu sagen.

Menschen sind nicht fähig, friedlich zusammen zu leben. Das zeigen die zahlreichen Konflikte im Nahen Osten, das Sterben auf dem Mittelmeer, bei dem zu viele europäische Regierungen nur zusehen. Das zeigte nicht nur meine Familie jeden Tag deutlich, deshalb bin ich auch mit 19 Jahren ausgezogen. Die Corona-Krise hat alle sozialen Verwerfungen und Probleme wie häusliche Gewalt, Gewalt gegen Flüchtlinge und Einsamkeit noch verschärft. Ich habe Kulturgeschichte und Soziologie studiert und abgeschlossen, mich immer wieder selbst reflektiert, um diese Gesellschaft zu begreifen und besser zurecht zu kommen. Aber es geht nicht weiter jetzt. In einer Stadt und Gesellschaft ohne den Jazzcoub domicil, ohne Sportkurs oder Chor will ich nicht leben. Nicht ein Traum ist in Erfüllung gegangen. Warum also weiter sinnlos dahin vegitieren? Ich habe keine Hoffnung mehr. Deshalb SCHLUSS JETZT. Mit der gesamten Menschheit. Ohne metaphysisch sein zu wollen: die Coronakrise könnte ein Zeichen dafür sein, genau das zu tun. Denn die Erde braucht keine Menschen.

Der Ort für Träume muß doch nicht weichen

Am Ende der Brückstraße, wenn man die gläsernen Tempel der Klassik inklusive Holzkasten-mit-Saiten-Ausstellung hinter sich gelassen hat, erreicht man das Kino Schauburg. Schon lange wollte ich diese Traditions-Kino besuchen, da erreichte mich die Nachricht vor Weihnachten, daß das Kino am alteingesessenen Standort schließen müsse, wie ein Schock. Der Vermieter wollte den Mietvertrag nicht verlängern. Die Begründung hierfür mutet seltsam wie auch nicht nachvollziehbar an. Inzwischen ist diese Begründung schon wieder belanglos geworden.

http://www1.wdr.de/mediathek/video/sendungen/lokalzeit-dortmund/video-abschied-vom-kino-schauburg-in-dortmund-100.html

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Die Kinokasse und Popcornversorgungsstelle (…und leckeres Flensburger Bier haben sie auch….)

Es war grausam, den Abbruchcontainer vor dem Kino zu sehen. Als ob man in eine offene Wunde blicken würde.

Am Montag den 26. Dezember 2016 war der letzte Vorstellungstag im Kino Schauburg. Natürlich fuhr ich mit dem Rad hin… Ich fühlte mich sofort wohl zwischen den roten Wänden und goldenen Ornamenten. Und ich dachte an die Kinos in Nürnberg und Fürth zurück, die ich besucht hatte. Sie können heute zum Teil nur durch Bürgerinitiativen überleben, weil dem Großmogul des  Multiplexkinos“CineCitta“ die kleinen Traditionskinos „Meisengeige“ oder das „Casablanca“ egal sind.

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Alle Fotoaufnahmen wurden mit freundlicher Genehmigung der Schauburg angefertigt.

Das Foyer war voll mit Besucher-/innen, der WDR war mit Kamera vertreten. Es lief der Film „Radio Heimat“ von Adolf Winkelmann und Peter Thorwarth, nach Geschichten von Frank Goosen.

Es machte großen Spaß, den Film zu sehen: vier Jungs sind die Hauptfiguren der Geschichte, wie sie im Ruhrgebiet aufwachsen – in den 1980er Jahren. Selbst wenn man nicht direkt in diesem Jahrzehnt Teenager war, wird das Lebensgefühl gut eingefangen. Dazu tragen vor allem die Requisiten bei: das grüne Telefon, die ehrfürchtig berührten Cassetten, die Schallplatte, die man vorsichtig aus der Hülle nimmt und auf den Plattenteller legt. Ich konnte den Mief, den grünlich-weiße Fliesen in der Küche oder im Bad zusammen mit zu zahlreichen Zimmerpflanzen verbreiten, im Kinosaal riechen. Man kann vor lauter Zeug gar nicht richtig lüften.  Die zum Teil unsäglichen Klamotten sind glücklicherweise kaum richtig sichtbar. Kein Mensch braucht schließlich Schulterpolster oder  große Flächen  von schreiend pinkem und neonfahrbenem Zeug am Leib.

Anfangs war es verwirrend, daß einer der Hauptfiguren auch gleichzeitig Erzähler ist – doch es stört nicht weiter und die Geschichte wirkt dennoch glaubhaft.

Und wer träumt nicht auch gern von dieser Zeit… als man sich noch nicht so sehr um die Organisation des eigenen Lebens kümmern mußte, als man Sachen getan hat, ohne darüber nachzudenken und dies deshalb nicht zwangsweise bereuen mußte, diese nicht unbedingt „falsch“ oder gar eine Straftat waren. Wenn man nur immer ehrliche Freunde haben kann! Peinlichkeiten, die man leider durchzustehen hat, kennt auch jeder, nervige Eltern oder gar autoritäre Lehrer. Ein ähnliches Arschloch von Lehrer hatten wir nicht nur einmal, damals in der beschissenen Hauptschule und Realschule in der elenden Kleinstadt. Unfaßbar, daß heute im Jahr 2016 und 2017 erneut Menschen autoritäre Herrschaft voll befürworten. Die haben nichts gelernt. Lästige Verwandtenbesuche, bei denen man als Teenager bald kapiert, daß nicht alles stimmt, was so gesagt wird… Warum der Onkel sagt, Fremdgehen lohne sich nicht… weil er sich selbst dann die Stulle schmieren müsse… haha! Das Patriarchat herrscht bundesweit und nervt bis heute.  Die Schwierigkeiten, die die Jungs haben, können in diesem Film nur angedeutet werden; mögliche Realität sind sie allemal.

http://www.radioheimat-film.de/

Ich bin den Filmemachern sehr dankbar, daß sie bestimmte Musik aus den 1980er Jahren nicht genommen haben, dafür hört man auch gute Musik von den Fehlfarben. Musik ist und bleibt wichtig, wenn man Teenager ist. Und kein Film kann ohne Musik existieren.

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Zwischen Weihnachten und Neujahr nun kam plötzlich die erlösende Nachricht: das Kino Schauburg kann an Ort und Stelle bleiben, wo es schon seit über 100 Jahren steht! 🙂

http://nordstadtblogger.de/die-schauburg-ist-ueberraschend-gerettet-bereits-am-freitag-geht-der-betrieb-im-aeltesten-kino-von-dortmund-weiter/

Und da gehört es auch hin. Am Ende der Brückstraße, Filmkultur neben der Musikkultur weiter vorne im Glasbau.

Das aktuelle Programm gibt es unter:

http://www.schauburg-kino.com

66 Frauen – und die Gruppe funktioniert!

Weibliche Vorbilder sind rar. Selbst bin ich unter lauter schwachen und gleichzeitig diktatorisch handelnden Frauen aufgewachsen, die ich nur als Dummchen und Mäuschen bezeichnen kann. Alles brave katholische Hausfrauen, die immer schön unselbständig geblieben sind und von Pfarrern, Ärzten, Ehemännern und sonstigen Autoritäts-Pfeifen über sich und – noch schlimmer – ihren Körper bestimmen lassen. NEIN, das wollte ich nicht. Das wußte ich schon bald. Aber wohin dann? Wo Vorbilder suchen? Meine Vorbilder waren dann dennoch oft Männer außerhalb dieses kranken Kaffs, wo ich aufwachsen hatte müssen. Ob das immer gut war: keine Ahnung. Das Problem dabei ist eben: selbst die nettesten Freunde sagen bei manchen Sachen (nicht zu Unrecht): pardon, aber das mußt du mit einer Frau besprechen. Das verstehe ich; ich werde niemals erfahren können, wie sich Prostata-Krebs oder andere Männer-Krankheiten anfühlen. (Jedoch schließt das für alle Geschlechter gegenseitigen Beistand im Krankheitsfall nicht aus!)

Ich habe ein Stück Sicherheit und Wissen dazugewonnen: das ständige Rumeiern und Nicht-Trauen-Wollen und die Unsicherheit wurden durch die Fähigkeit einer nüchternen Analyse von Problemen ersetzt. Statt Rumjammern, Schreien und ständiges Beschweren sich selbst im Spiegel betrachten und überlegen, was falsch gelaufen ist oder warum es diese Problem gibt. Nach Lösungen suchen. Das klappt nicht immer, ist aber ein guter Ansatz, um besser im Alltag zurechtzukommen. Verantwortung für sich und sein Leben übernehmen anstatt die Verantwortung an andere (Ärzte, Pfarrer, Ehemänner, Brüder) abzugeben. Selbst überlegen, was richtig und falsch ist, anstatt Kirchenlehren, Gesundheitsmagazinen, Parteien  und anderen „Heilsbringern“ nachlaufen. Puh, ganz schön anstrengend. Aber das ist nunmal das Leben.

Nur selten konnte ich bisher Frauen kennenlernen, die einen echten Kontrast zu all den Dummchen in der Verwandtschaft und im Dorf waren. Und wenn ich sie traf war es mir leider nicht vergönnt, sie lange zu kennen. Durch den Film heute wurde ich an meine Orchesterfreundin Barbara E. erinnert. Sie spielte Bratsche (ich Geige) und hatte immer ein offenes Ohr für mich, wenn die verbal grobschlächtigen Kollegen der 1-€-Job-Stelle mal wieder ihr unverschämtes Maul spazieren gehen ließen und ich vor Unsicherheit nicht wußte, wohin oder das Arbeitsamt wieder seine Klugscheißer-Parolen loslassen mußte (ach so, die Behörde heißt bei Hartz-IV-Bezieher-/innen ja „Arbeitsgemeinschaft= ARGE. Es liegt beim SGB III vieles im Argen.) Oder wenn die Mutter am Telefon wieder Terror in Form von Vorwürfen produzieren mußte. Merke: jeder ist immer selber schuld an ihrer oder seiner Arbeitslosigkeit.

2007 oder 2008 mußte genau diese liebe Frau, die bald meine einzige Freundin war, an dem verdammten Krebs sterben. Fast hätte ich auch sterben mögen, denn bald war in diesem Orchester, in dem die Kugelgrippe und Kinderseuche ausbrach, kein Platz mehr für mich. Meine Fresse! Sonst keine Sorgen außer Kinder produzieren müssen! Es gab keine anderen Gesprächsthemen mehr. Für einen gewissen Zeitraum wurde ich zur Kinderhasserin. Bis ich erkannte, dass nicht die Kinder das Problem waren sondern ihre Eltern, die sie in die Welt gesetzt hatten. Denn niemand bestimmt selbst über ihre oder seine Existenz. Das tun andere. Und die Willkür der Verschmelzung von Ei und Samenzelle entscheiden darüber, welchen Müll und welche vorteilhaften Merkmale man im Körper mitbekommt.

Fast während des ganzen Films mußte ich an meine liebe Freundin Barbara denken. Weil es darin eine Frau gab, die ihr nicht nur ähnlich sah sondern auch ihr 2. Instrument spielte: Posaune. Verflucht noch mal, warum hatte Barbara E. so bald sterben müssen?? Hatte ich kein Recht auf Freundschaft und Unterstützung in diesem scheiß Leben?? Endlich mal jemand, die mich ernst nimmt!

Im Film „Kein Zickenfox“, den ich mir heute ansah (und dafür extra nach Münster eilte) gibt es diese starken Frauen, die ich als Teenager so dringend gebraucht hätte. Mein Frauenbild war nie ein besonders gutes: schon in der 7. Klasse Realschule war ich in einer Mädchenklasse, im Beruf (1. Ausbildung, Büro) nur unter Frauen. Es war grauenvoll. Ich sprach nur von den „dummen Weibern.“ Falsch und zickig waren sie alle, unfähig, Konflikte zu lösen. Stattdessen: böse hinter dem Rücken anderer reden, scheißfreundlich (also falsch freundlich) sein und dabei dumm im Kopf sein, dass es stinkt. Ja, ich kann mich übers Kuchenbacken und Kochen unterhalten. Aber es ist nicht mein Lebensinhalt!

Ich dachte damals, ich sehe und höre nicht recht: in der übernächsten Stadt mit ca. 500.000 Einwohner-/innen in der Ausbildungsstätte und dann haben diese Weiber Gesprächsthemen wie die Mäuschen auf dem Dorf! Nein, nein, nein! Waaah, lass mich ein Mann sein! (da war ich 16 bis 18 Jahre alt). Zu sowas will ich als Frau nicht gehören oder  gezählt werden!!

Während des Studiums in einer bestimmten ostdeutschen Stadt erschreckte mich nach ein paar positiven Erfahrungen mit Lehrerinnen im HKK Nürnberg eine Bekannte, die sich mit Mitte 50 immer  noch wie ein dummes kleines Mädchen aufführte. Es ist und bleibt mir schleierhaft, wie man durch Rumjammern und Getue sich scheinbare oder tatsächliche Vorteile verschafft. Der Mann, mit dem sie zusammen ist ist dumm genug, um immer auf ihre Wünsche einzugehen. Ich habe nur eine gemeinsame „Wanderung“ mitgemacht. Ich hätte ihr am liebsten in ihr dummes Gesicht geschlagen, so unerträglich war dieses Getue. Mies und hinterhältig ist das, sich durch Mitleid das zu verschaffen, was man will. Ich hasse solche Weiber!

Ich habe gelernt: nicht jede Frau, die zufällig schlank und vielleicht noch blond ist und Kosmetik benutzt (Nagellack, Schminke und so Zeugs) ist gleich eine blöde Tusse oder gar  ein Dummchen. Eine Berufsschullehrerin bei meiner 2. Ausbildung war immer stark geschminkt und eine tolle Ethiklehrerin. Sie vermittelte mir das erste Stück freies Denken abseits der Religion. Da war ich Anfang 20. Ich habe weder sie noch Barbara E. angebetet, denn sie waren/sind Menschen – und darum geht es auch nicht, ums Anbeten. Sie waren echte Vorbilder, weil sie mir ein starkes Frauenbild vermittelten.

Vor einigen Jahren noch glaubte ich nicht daran, dass eine Gruppe von Frauen was gescheites zustande bringen könne. So wie ich Frauen meistens kannte, dachte ich mir immer: das KANN NICHTS WERDEN. Lauter Frauen! Die machen doch wieder nur Zickenkrieg und fauchen sich an, können sich nicht einigen. (Das andere Extrem: militärisches Befehlshabertum und Anschreien meist unter Männern ist auch keine Lösung). Die können nicht vernünftig diskutieren, ohne sich gegenseitig zu verletzen und fertig zu machen.Und reden nur über Mode, Schminke, Fernsehserien und Männer. Ich weiß, das ist sexistisch – aber so hab ich die meisten Frauen kennengelernt.

„Kein Zickenfox“ ist der Dokumentarfilm über das Frauen-Blasorchester Berlin. Und zeigt, dass eine Gruppe von Frauen sehr wohl funktionieren kann, dass diese was zustande bringen, was auch noch gut klingt und allen Beteiligten – und dem Publikum Spaß macht. Die Musikerinnen kommen darin allein zu Wort, es gibt keinen Kommentar, meist sprechen die Bilder für sich, was warum gerade passiert. Fast 70 Minuten dauert dieser Dokumentarfilm und es ist keinen Moment langweilig.

Die Dirigentin Astrid bekam keine Arbeitsstelle. und was macht sie? ein eigenes Orchester gründen!  ( http://www.astrid-graf.de/%C3%BCber-mich/ ) Ein mutiges Unterfangen in einer Zeit, in der jede und jeder Angst vor dem sozialen Abstieg und Angst vor Armut hat. Doch es hat funktioniert: nachdem sie Klarinette studiert hatte und in einigen anderen Ensembles nach dem Studium gespielt hatte, war sie eine 2. Dirigentin in einem Orchester – und merkte, dass es noch was gab, was sie machen wollte: ein Orchester leiten. 2003 wurde das Frauen-Blasorchester Berlin gegründet.

Bei einigen Szenen muß ich an meinen Studentenchor in der ostdeutschen Stadt denken, wenn die Dirigentin genervt ist, weil die Musiker-/innen zu laut sind. Viele Leute diszipliniert zu halten, ohne autoritär aufzutreten und wie ein Militär rumzuschreien, das ist nicht einfach. Auch unsere Chorleiterin war öfter genervt (bei manchen Dingen war sie aber selber schuld, dass es soviel Unruhe gab und getuschelt wurde. Öfter mal offener sein und wirklich sagen, was man fühlt und denkt! Das hilft bei der Verständigung mit allen anderen!) Was mir am Studentenchor allerdings zeitweise  fehlte war die offene Aussprache. Offensichtlich gibt es immer noch Menschen, die diese scheuen. Klar, ist eben anstrengend, wenn man Widerspruch bekommt. Dirigentin Astrid sagt der Tuba-Spielerin, sie möge doch an dieser einen Stelle nicht atmen. Die Tuba-Frau widerspricht, dass das nicht gehe – Die Dirigentin sagt, dass es aber so sein solle und sie solle es mal versuchen.

Jetzt gibt es zwei Möglichkeiten: entweder die Blaswerkerin ist beleidigt und findet die Dirigentin doof (weil sie in der Rede nur den vorwurfsvollen Ton gehört hat) oder: sie nimmt die Anweisung als Anregung, es doch mal zu versuchen, an besagter Stelle nicht zu atmen, damit kein Loch im Melodiefluß entsteht. Es wird schon hitzig diskutiert in diesem Frauen-Blasorchester, die Schlagzeugerin Frauke erscheint der Zuschauerin besonders streitlustig. Dennoch: als Filmzuschauerin hatte ich den Eindruck, dass diese Frauen eben miteinander reden, ohne zu zicken, ohne sich gegenseitig anzuschreien und fertig zu machen. Sie können auch nach der Probe noch zusammensitzen, keine geht mit großer Wut auf die andere nach Hause. Konflikte bedeuten nicht automatisch Trennung, ewigen Haß oder ständigen Streit. Auch wenn die Nerven der Dirigentin oft genug angespannt sind.

Ein wichtiger Satz, der für ALLE Ensembles gelten kann, ist mir in Erinnerung geblieben: vor einem Auftritt sagt Dirigentin Astrid Graf zu ihren Musikerinnen: „den Leuten da draußen ist es egal, wie es Euch geht, was Ihr denkt oder jetzt fühlt. Die wollen schöne Musik hören. Und wenn Ihr denkt: oh, das klang jetzt scheiße steht Ihr am Ende trotzdem auf.“ (sinngemäße Wiedergabe der Ansage). Wie recht sie hat. Ist nicht immer so einfach, den belastenden Alltag hinter sich zu lassen.

Die Musikerinnen werden nicht nur bei den Proben, sondern auch in ihrem Alltag gezeigt. Die Tuba-Spielerin ist Landwirtin und mag ihren Beruf. Böse Zungen würden ihr aufgrund ihres Körperbaus und ihrer Arbeit abwertende Bezeichnungen geben, auf deren Nennung ich hier verzichte. Das Wunderbare ist doch, dass dieses Orchester funktioniert und dass jede Frau sein darf, wie sie ist: ob mit kurzem Haar und androgyner Figur, ob lesbisch oder hetero, ob alt oder jung, ob groß oder klein, dick oder dünn, ob Technikerin, Erzieherin oder Polizeibeamtin. Der Alltag, zu dem nicht nur Twitter gehört (Hashtag #imZugpassiert und ähliches) ist voll von diesem furchtbaren Haß gegenüber Frauen, die nicht dem sexistischen Klischee entsprechen.

Eine Flötistin mit 21 Jahren ist die jüngste Musikerin. Sie sagt, dass viele Gesprächsthemen für sie ungewohnt seien, weil diese Themen sie noch nicht betreffen würden. Sie sehe das jedoch als Bereicherung. Wow, eine jüngere Kollegin , die mal nicht (nur) überfordert ist. Eine ältere Frau, die Horn spielt, arbeitet in der JVA als eine  Beraterin für straffällig gewordene Frauen. Das muß eine gute Hilfe für diese Frauen sein, mal ohne ständige Beschuldigungen einen Rat zu bekommen, was sie tun können, denn wie die Hornistin sagt: „diese Frauen haben in allem versagt: als Frau, als Mutter als Arbeitnehmerin.“ So wird es von der Umwelt gesehen. Nur helfen ständige Beschuldigungen beim Besserungsprozeß nichts, auch wenn völlig klar ist, dass diese Frauen Fehler gemacht haben.

Im Film „Kein Zickenfox“ gibt es 2 Höhepunkte: einer ist der Auftritt in der Philharmonie gegen Ende des Films. der 1. Höhepunkt ist der Besuch bei einer Dorfkapelle in einem Dorf im Steigerwald. Hier treffen 2 Kulturen aufeinander, könnte man meinen. Schon als ich in der Ankündigung las, dass das Frauen-Blasorchester Berlin auch auf einem Dorffest spielen würde, wurde mir schlecht. Tut Euch das nicht an! Vermeidet all diese furchtbare sexuelle Belästigung, die es dort IMMER! gibt! Ich bin selbst in solch einem Dorf aufgewachsen, wenn auch nicht im Steigerwald/Oberfranken. Die meisten Männer dort haben keinen Respekt vor Frauen und behandeln sie wie Menschen 2. Klasse. Und auch die meisten Frauen haben keinerlei Bewußtsein für sich und ihren Körper. Anders lassen sich eingangs genannte Umstände nicht erklären. Die finanzielle Abhängigkeit vom Ehemann (ja, auch im ausgehenden 20. und beginnenden 21. Jahrhundert noch Fakt!) kommt noch erschwerend hinzu.

Die Reaktionen der Dorfbewohner-/innen sind interessant. Einerseits neugierg („wie kann denn ein Orchester nur mit Weibern funktionieren?“), andererseits auch ungläubig, dass „sowas“ überhaupt existieren kann. Und wie die aussehen. Die tragen keine Trachten, auch tragen sie nicht alle Röcke. Und die an der Tuba – die sieht aus wie ein Mann! Und huch, die zwei müssen – wie nennt man das? – homosexuell sein. Das hat man vielleicht mal im Schulunterricht gehört, dass es sowas gibt (und das nicht schlimm ist), wenn die oder der Lehrer-/in etwas heller und mutiger war als es das bayerische Schulsystem vorsieht. All dies scheint in den Köpfen der Dorfbewohner-/innen und Mitglieder der dortigen Blaskapelle vorzugehen.

 

Die Ober-Peinlichkeit und Grausamkeit ist ein Lokalpolitiker, der schon vor dem Auftritt des Frauen-Blasorchesters Berlin stockbesoffen direkt vor dem Frauen-Blasorchester, das nun zum Spielen anfangen will, herumwankt. Möglicherweise hat er eine der Musikerinnen oder die Dirigentin, die ihn deutlich auffordert, sich hinzusetzen, vorher blöd angemacht. Einfach nur widerlich. So geht man nicht mit Gästen um! (aber sind ja nur Frauen, mit denen darf man das machen. Hahahahaha!) Als Zuschauerin fühlte ich mich ungut an eigene Erlebnisse erinnert. Die 2. Straftat nach der blöden Anmache ist das Totschweigen solcher Vorgänge im Dorf: selbst die Ehefrauen dieser besoffenen Rüpel reden die Straftaten ihrer Männer noch schön. Ich fass es nicht. Bei einer Hochzeit im Dorf (Hinweis: wenn jemand auf dem Kaff kirchlich heiratet und das Brautpaar aus der Kirche tritt, kommen alle und schauen zu. Is ja sonst nix los, was man man anglotzen könnte) war der Bräutigam sturzbesoffen während die Braut höflich mit den Gästen plauderte und freundlich lächelte. Also gute Frau, das war wohl nicht dein Ernst! (Es hätte wohl sehr viel Mut erfordert, vor dem Altar laut NEIN zu sagen, dass man so ein besoffenes Arschloch nicht heiraten will. Ein Eklat von staatstragendem Ausmaß für ein Dorf).Die Dirigentin Astrid Graf zeigte sich geschockt darüber, dass die Zimmerwirtin/-wirt von „60 Mann“ für den Bedarf an Unterkunft für die Frauen des Orchesters sprach. „Nein, wir sind keine Männer, wir sind Frauen!“ – Wer nicht nachdenkt, dem fallen solche sprachlichen Ungenaugikeiten nicht auf. In der Schule lernt man Schreibweisen wie Posaunist-/in leider nicht.

Wer jetzt lautstark protestiert, dass ich hier die Dorfbewohner-/innen einseitig verunglimpfe dem sei die genaue Beobachtung eines Dorffestes- vor allem (aber nicht nur) in Bayern empfohlen.Sie oder er wird dabei erschreckende Ähnlichkeiten zu eben diesen beschriebenen Vorkommnissen feststellen müssen.

Ein Dorf wird nie die Freiheit haben, die eine richtige Großstadt wie Berlin bieten kann. Andersartigkeit erregt immer Aufsehen, auch Unsicherheit. Wer noch nie z. B. zwei Frauen gesehen hat, die sich auf den Mund küssen, weil sie sich eben lieben wie man es sonst von Frauen mit Männern kennt, die oder der ist verwirrt. Das ist erst mal völlig normal und ok. Doch an dieser Stelle darf man nicht stehen bleiben. Viele denken leider immer noch: die oder der ist anders und deshalb falsch. Und schlecht. Und eine Gefahr für mich und meinesgleichen! Nein. Die Andersartigkeit muß hinterfragt werden.Denn hey, das Leben ist bunt! Wer das erste mal küssende Frauen oder küssende Männer sieht fragt sich, was mit denen los ist. Und kommt dann drauf, das diese Menschen homosexuell sind. Und deshalb keine schlechten oder gar falschen Menschen sind und auch nicht krank. Sie sind wie sie sind und wenn sie einem unsympatisch sind dann liegt das nicht an der Homosexualität. Liebe ist Liebe und es ist so wunderbar zu sehen, wenn sie im Leben existieren kann und darf. Es ist eine Freude zu sehen, wie zwei schon ältere Frauen im Frauen-Blasorchester Berlin zueinander gefunden und dann geheiratet haben.

Deshalb seien an dieser Stelle diejenigen ermutigt, die unsicher sind, wenn sie auf Andersartige treffen, sich über diese Andersartigkeit zu informieren. Das ist heute, wenn man die richtigen Internetseiten kennt einfacher als früher, als man als Dorfbewohner-/in völlig abgeschnitten war, auch mit Auto. Eine gute Seite auch zum Thema Homosexualität ist http://www.bpb.de .

Ich habe die Musikerinnen bewundert, wie sie den Aufenthalt bei dem Dorffest verkraften. Dass dieser Besuch funktionieren kann, liegt an zwei Dingen:

  • diejenigen, die anders als die bereits Anwesenden (=Dorfmenschen) sind, sind viele. Allein die Masse an Frauen, die nicht den lokal vorhanden Vorstellungen von Frau-Sein entsprechen, machen die Andersartigen stark. Die Andersartigkeit der Besucherinnen muß so zwangsläufig akzeptiert werden.
  • Der Aufenthalt derer, die anders sind, dauert nur eine gewisse Zeit an. Niemand der Berlinerinnen muß auf dem Dorf wohnen bleiben. Das macht es möglich, dass man als Andersartige selbst authenisch bleiben kann.

 

Eine der Berliner Musikerinnen sagt zu Recht, dass sie wisse, warum sie in Berlin lebe. Dieser Satz ist nur zu unterstreichen. Aufgrund des größeren musikalischen Horizonts erkennen die Berlinerinnen auch bald, wie eintönig die Stücke der Dorfkapelle sind. Dieses negative Image haftet Blasinstrumenten bis heute an, nur für „uffta-taa“-Bierzeltmusik da zu sein. Dabei war es mit Sicherheit nicht die Absicht des Frauen-Blasorchesters Berlin, diese Dorfkapelle abzuwerten. Es sind eben Unterschiede, die beim gemeinsamen Musizieren zutage traten.

 

Mein Wunsch, doch endlich ein 2. Instrument, nämlich Saxophon zu lernen, wurde durch den Film erneut gestärkt. Blöd eben, dass mir grad das Geld für Unterricht und Instrument fehlen. Gern würde man beim Frauen-Blasorchester mitspielen – weil es dort eben keinen Zickenfox gibt.

 

„Kein Zickenfox“ , Dokumentarfilm von Dagmar Jäger und Kerstin Polte.

http://www.darlingberlin.de/kein-zickenfox.html

 

Die Seite der Dirigentin:

http://www.astrid-graf.de/aktuell/

 

Die Seite des Orchesters selbst:

http://www.fbob.de/

Leider ist der Film nur in wenigen Kinos anzusehen. Unter filmstarts.de kann man nachsehen, ob es ein Kino gibt, das den Film ausstrahlt.

Die Nächste Vorstellung im Cinema & Die Kurbelkiste in Münster, Warendorfer Straße 45: Sonntag 3. April 2016, 14.20 Uhr.

http://www.cinema-muenster.de/menu/home.html

Und: macht weiter so! Ihr seid starke Frauen! Mit Eurer Musik und auch Eurem Tun habt Ihr mich beeindruckt.Solche Frauen braucht es, die Vorbilder für nachfolgende Generationen sein können.

 

 

Alle Bilder wurden aus dem Pressematerial unter http://www.darlingberlin.de/kein-zickenfox.html entnommen. Danke an die Fotografen und Fotografinnen, u. a. an Dagmar Jäger.

 

 

Infos zum Film (Verleih, Inhalt u. a.) :

http://www.darlingberlin.de/kein-zickenfox.html